Bild nicht mehr verfügbar.
Hannes Kartnig, diesmal nur Nebendarsteller, wähnte sich im "Musikantenstadl", als der Mitangeklagte K. im Gerichtssaal einen bühnenreifen "Auszucker" hinlegte.
Graz - Geweint hat er, der Hannes Kartnig, geschüttelt hat's ihn vor Lachen: "I pack's net." Wie im Musikantenstadl gehe es hier ab im Gerichtssaal.
Und ausnahmsweise stand einmal nicht er, der alte Präsident, sondern der Mitangeklagte K. , ein ehemaliges Vorstandsmitglied des Fußballklubs Sturm Graz, im Zentrum des Geschehens. Herr K., ein Häferl, sorgte zu Beginn der Rapid-Viertelstunde im Kartnig-Prozess, der knapp vor dem Ende stand, doch noch für eine Verlängerung. Wegen wüster Rangeleien im Gerichtssaal - verbaler Natur - hat jetzt Staatsanwalt Johannes Winklhofer, der sich mit Herrn K. ordentlich anlegte, einen Antrag der Kartnig-Anwälte wegen Prüfung einer Befangenheit am Hals.
Der Staatsanwalt habe mit seiner provozierenden Art Grenzen überschritten. Winklhofer, der bisher gnadenlos wie trocken die Anklage gegen Kartnig und sieben weitere Ex-Sturm-Funktionäre unter anderem wegen Betrugs, Steuerhinterziehung und fahrlässige Krida vertrat, solle vom Prozess ausgeschlossen und ersetzt werden. Bis dieser Antrag vom zuständigen Leiter der Grazer Staatsanwaltschaft entschieden ist, schickt Richter Karl Buchgraber die Mannschaften zur Abkühlung zurück in die Kabinen. Am 24. Oktober wird weiterverhandelt.
Dabei hat am Dienstag, nach der langen Sommerpause, alles ganz harmlos angefangen. Zwei bieder daherkommende Finanzbeamte, die mit ihren Erhebungen das Unterfutter für den Prozess geliefert haben, versuchen zu erklären, dass der ehemalige Sturm-Präsident Kartnig mit ungeklärten Summen, womöglich Vereins- oder Schwarzgelder im Kasino ordentlich gezockt hat. Da geht es unter anderem um Jetonkäufe in der Größenordnung von 94 Millionen alten Schilling (fast sieben Millionen Euro). Aber als Gutachter Fritz Kleiner, der an diesem Tag eigentlich sein Gutachten präsentieren sollte, präzise nachfragt, ob sich das alles tatsächlich nachweisen lasse, ob der Kreislauf der Geldflüsse Kartnigs lückenlos nachzuvollziehen sei, da kommen die beiden Finanzer ins Schwimmen.
Die Verteidigung samt Angeklagten wittern Morgenluft - immerhin die Anklage des Steuerbetruges wiegt schwer. Und als dann noch Richter Karl Buchgraber nachfragt, wie denn das so ablaufe bei Spielerverkäufen und Staatsanwalt Winklhofer nachhakt, warum Topspieler zwecks Abwendung des Sturm-Konkurses nicht verkauft wurden - das betrifft den Vorwurf der fahrlässigen Krida - wurde die Anklagebank unruhig: "Der Staatsanwalt versteht jo nix vom Kicken." Herr K., bereits in kartnigmäßigem Ragezustand, legt nach: "Vasteht nix und redt." Winklhofer zündelt: " Sie haben den Verein in den Konkurs geritten."
Plötzlich steht der Mitangeklagte K. in Flammen: "Sie, sie haben sich ja nicht einmal die Akten angeschaut. Lesen sie die Anklageschrift. Ich beantrage eine Pause. Ich geh jetzt raus." Eine Schreierei hebt an. Kartnig wacht auf: "He, wos ist denn jetzt los?" Richter Burgraber schmunzelt. "Das ist Showtime, I werd narrisch", feixt Kartnig - heute nur Nebendarsteller.
Herr K. ist fertig: "Ich bin jo net der Lausbua des Staatsanwaltes. Der wirft mir Sachen vor ..." Der Rest geht unter in einem lauten Wortgewirr. Kartnig-Anwalt Richard Soyer stellt den Antrag, dieses zu entflechten. Der erdige Disput solle vom Tonband abgeschrieben und dem Leiter der Staatsanwaltschaft übermittelt werden. Dieser müsse dann beurteilen, ob Winklhofer den Prozess noch weiterführen könne. (DER STANDARD PRINTAUSGABE 14.9. 2011)