Der Wind wusste, was er wollte. Er riss und zerrte am SLK und wollte seine zu erwartende Beute auf dem Boden verteilen, zumindest die Frisur des Bürschchens am Volant verwüsten, sofern es da was zu verwüsten gab. Mercedes' Tüftler hingegen hatten von diesen Plänen Wind bekommen und konsequent Riegel vorgeschoben.
Originellstes Teil der Windabwehrmaßnahmen: An den Überrollbügeln sitzen Plexiglas-"Ohrwaschln", die, nach innen geklappt, ein Windschott ergeben. Damit wehen einem auch auf flotten Autobahnfahrten nur wohldosierte Winde um die Ohren - das allerdings muss sein, man will das Roadsterdasein ja auch fühlen.
Der SLK ist bekanntlich Pionier. Er ist derjenige, der mit seinem versenkbaren Blechdach einen nachhaltigen Trend ausgelöst hat. Und er verkörpert außerdem den Einstieg in die Roadster-Welt von Mercedes. Drüber rangiert der SL, ganz droben folgt demnächst der SLS AMG Roadster. So lassen sich sogar Träume noch steigern.
Bei den Testfahrten waren wir natürlich hellwach. Schon, um das angemessen anfühlen zu können, was der Hersteller unter Einstiegsmotorisierung versteht. SLK 200 Blue Efficiency. Letzteres, leider anbiederungsenglisch, besagt, dass es sich um ein eher sparsames Modell handelt. Tatsächlich kann sich der durchschnittliche Normverbrauch von 6,1 l / 100 km sehen lassen. Hören lassen, also echt hören lassen kann der Motor sich auch, toller Sound. Klingt wie ein Großer, speziell bei geschlossenem Dach. Als wolle er dem Wind an die Wadeln gehen. Und der Turbo pfeift fidel dazu.
Beim Roadsterfahren ist ja automatisch die Emotionsskala nach oben hin offen, das Gefühl der Freiheit systemisch. Dafür dass ein Teil dieser Freiheit in (äußere) Bewegung umgesetzt wird, ist bei Mercedes der geniale österreichische Motorentwicklungschef Leopold Mikulic zuständig, letztlich also verantwortlich für diesen auch in Sachen Spritzigkeit untadeligen 184-PS-4-Zylinder - mit nur 1796 cm³ Hubraum, wohlgemerkt! Allerdings: Das Ansprechverhalten der 7-Gang-Automatik hätte ein Mann wie Novalis wohl mit "bedächtiglich" beschrieben.
Was die Optik betrifft, so kann und will der SLK eine gewisse Nähe zum SLS gar nicht verleugnen, und besonders gefällig wirkte im Testwagen diverser (AMG-)Zierat: rote Nähte auf schwarzem Leder, bei Sitzen, Türverkleidung, Lenkrad, rote Sitzgurte, feines silbriges AMG-Monogramm auf den Fußmatten, hier haben Menschen mit Liebe zum Detail gewerkt.
Als kleines Manko wäre zu erwähnen, dass man bei der Klimaanlage alles manuell zu regeln hat, das ist des SLK nicht würdig. Im Fahrkapitel hingegen fällt besonders positiv ins Auge die vorbildlich direkte Lenkung, überhaupt der zupackende Charakter dieses Präzisionsgeräts. Und weil wir alle nicht jünger werden, können wir uns im Bedarfsfall, es ist ja inzwischen deutlich kühler als hundstags, den Nacken beheizen lassen. Über Belüftungsdüsen in den Kopfstützen. Zuletzt wusste der Wind bei alledem nicht mehr, was er eigentlich wollte. Der SLK hingegen wusste es ganz genau. (Andreas Stockinger/DER STANDARD/Automobil/09.09.2011)