Disco-Produzent Wolfram  ist einer der heimischen Stars des Wiener Waves-Festivals - 28. September bis 2. Oktober.

Foto: Nicolas Kern

Mit Konzerten und einer Konferenz zum Thema.

Wien - Herr und Frau Österreicher fahren meistens aus ökonomischen Gründen in den ihnen nahen Osten. Die Zähne wollen günstig gerichtet werden, das Thermenwochenende ist dort billiger, ebenso die Fettabsaugung oder der Kampfhund. Das kulturelle Programm der östlichen Nachbarn wird hingegen kaum wahrgenommen, auch nicht von der mobilen Jugend. Diese jettet lieber in einer Stunde von Wien nach Berlin als im selben Zeitraum zu einem ein Konzert nach Bratislava zu fahren. Gut, Bratislava ist nicht Berlin, näher ist es trotzdem.

Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs Ende der 1980er-Jahre versucht Wien, sich als Brückenpfeiler in den Osten zu positionieren. Was Banken, dem Handel und der Industrie gelungen ist, hat die (Pop-)Kultur bis heute nicht geschafft. Das Monopol Medienhaus, das die beiden Popkulturmagazine The Gap und TBA verlegt, will das nicht als scheinbar unveränderbare Tatsache hinnehmen und lädt Ende September in Wien erstmals zum Waves-Festival, kurz für Waves Vienna - Music Festival & Conference.

Nun wurde schon öfter in diversen international besetzten Musikkonferenzen darüber nachgedacht, wie man die Popkultur von Ost und West ohne reines Marktplatzdenken miteinander verbinden könnte - mit bescheidenem Erfolg. Waves versucht es dennoch, und das Programm ist ambitioniert.

An fünf Tagen werden auf zwölf zum Teil ungewöhnlichen und neuen Bühnen 80 Bands und Musiker live präsentiert. Rund 20 davon kommen aus der fremden Nachbarschaft des Ostens, 30 aus Österreich, der Rest aus Europa und den USA. Schließlich braucht so ein Festival Zugpferde, und diese kommen immer noch aus den etablierten Popgroßmächten des Westens. Bei Waves sind das die britische Postpunk-Band Gang Of Four, die US-Newcomerin EMA, die Formation British Sea Power oder die dänische Band Who Made Who. Der Brite Jamie Woon musste seine Teilnahme krankheitsbedingt absagen.

Wellen in der Leopoldstadt

Die Austragungsorte des als Club- und Showcase-Festival definierten Waves sind mehrheitlich im zweiten Wiener Gemeindebezirk angesiedelt, das Flex am Donaukanal ist ebenso dabei wie das Badeschiff bei der Urania als zentraler Treffpunkt für die eingeladenen Künstler. Der Rest der Veranstaltungsorte zieht sich die Praterstraße entlang in Richtung Fluc und von dort weiter zu einem extra errichteten Konzertzelt bei der Liliputbahn im Wurstelprater, letzter Außenposten des Festivals ist die Pratersauna.

Neben dem Live-Programm bietet das Festival eine sogenannte Conference. Diese ist das Herzstück der angestrebten nachbarschaftlichen Verbesserungen und will nicht nur Trockenschwimmerei sein, sondern mit internationalen Gästen von ähnlichen Festivals wie dem spanischen Primavera Sound oder dem ReeperbahnFestival Themen rund um den Kulturaustausch besprechen.

Unter den Konferenzgästen befindet sich so etwas wie eine Legende: Peter Jenner, ein 1943 geborener britischer Manager, der unter anderem Pink Floyd, The Clash oder Billy Bragg betreute und schon als Anekdotenmaschine Außergewöhnliches verspricht.

Zu den heimischen Acts bei Waves zählen neben anderen Clara Luzia, M185, Wolfram oder Soap&Skin mit Ensemble.  (Karl Fluch / DER STANDARD, Printausgabe, 15.9.2011)