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Dominique de Villepin (li.), damals Premier, und Nicolas Sarkozy, damals Innenminister, im Jahr 2006: innige Feindschaft.

Foto: epa/HORACIO VILLALOBOS

Der hoch gewachsene Expremierminister schien noch ein paar Zentimeter gewachsen, als er aus dem Gerichtssaal trat - und groß waren auch seine Worte: "Sechs Jahre erbitterter Attacken" - Präsident Nicolas Sarkozy durfte sich angesprochen fühlen - gegen seine Familie und ihn hätten nun ein Ende; endlich habe die französische Justiz ihre Unabhängigkeit - gemeint war natürlich: gegenüber Sarkozy - unter Beweis gestellt, fügte der 57-jährige Gaullist an.

Ein Pariser Berufungsgericht hatte Villepin zuvor vom Verdacht des Rufmordes an Sarkozy freigesprochen. Seine beiden ehemaligen Mitarbeiter Jean-Louis Gergorin und Imad Lahoud erhielten Haftstrafen: Sie hätten versucht, den derzeitigen Präsidenten mittels gefälschter Kontenlisten als Nutznießer dubioser Schmiergeldzahlungen hinzustellen, befand das Gericht. Für die Vermutung, dass Villepin diese betrügerischen Machenschaften angeordnet haben könnte, fanden sich allerdings keine Beweise.

Villepin ist damit in der Clearstream-Affäre (benannt nach einer Luxemburger Tochterfirma der Deutschen Börse) endgültig reingewaschen. Zweifellos wird er sich nun voll in den Präsidentschaftswahlkampf bis Mai 2012 stürzen. Zu diesem Zweck hat er bereits vor gut einem Jahr eine eigene Partei namens Solidarische Republik gegründet und ist aus Sarkozys Union für eine Volksbewegung (UMP) ausgetreten.

Politologen räumen dem aristokratischen Expremier und Vertrauten des früheren Präsidenten Jacques Chirac kaum Siegeschancen ein; aber er verfügt über ein beträchtliches Störpotenzial gegenüber Sarkozy, mit dem ihn eine innige Feindschaft verbindet: Von rechts durch die Front-National-Kandidatin Marine Le Pen bedrängt, im Zentrum durch Villepin und andere Mittekandidaten, droht dem aktuellen Präsidenten das Ausscheiden schon im ersten Wahlgang. Dieser liegt in den Umfragen weiterhin klar hinter sozialistischen Kandidaten wie François Hollande zurück; auch sein persönlicher Erfolg gegen Muammar al-Gaddafi in Libyen hat Sarkozy bisher keinen Aufschwung verliehen.

Villepin hat allerdings selbst wenig Grund zum Triumphieren. Im Berufungsprozess zog sich der Präsident geschickt aus der Klage gegen Villepin zurück. Nachdem er früher im kleinen Kreis erklärt hatte, er werde den Expremier "an den Fleischerhaken hängen", nahm er sich nun zurück, sodass Villepins Vorwürfe, Sarkozy habe die Justiz manipuliert, nicht mehr ziehen.

Neue Vorwürfe

Neu kommen seit Montag Vorwürfe dazu, Villepin habe wie Chirac von illegalen Bargeldspenden afrikanischer Despoten profitiert. Diese sehr plausiblen Vorwürfe des direkt beteiligten Anwalts Robert Bourgi schwächen die Kandidatur des flamboyanten Expremiers. Nach seinem Freispruch in der Clearstream-Affäre fügte er an Sarkozys Adresse an, die ständigen "Gerüchte und Verleumdungen" müssten nun endlich aufhören. Der gegenseitige Hass der beiden Gaullisten lässt diese Hoffnung allerdings als ziemlich illusorisch erscheinen. (DER STANDARD, Printausgabe, 15.9.2011)