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Premier Silvio Berlusconi bringt das Sparpaket durch.

Foto: Reuters/Max Rossi

Mit einer Vertrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus hat die Regierung Berlusconi die Budgetsanierung auf den Weg gebracht. Mit Steuererhöhungen und Geld aus dem Reich der Mitte will Italien wieder Tritt fassen.

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Mailand - Mittels einer Vertrauensabstimmung in der Abgeordnetenkammer hat die Regierung von Premier Silvio Berlusconi am Mittwoch das neue Sparpaket durchgebracht. Das Votum fiel knapp aus, für die Regierung stimmten 316 Parlamentarier, 302 votierten dagegen. Um bis 2013 den angepeilten Haushaltsausgleich zu erreichen, sollten 54 Milliarden Euro eingespart werden.

Als neue Maßnahmen sieht das Paket die Einführung einer Reichensteuer von drei Prozent auf Einkommen über 300.000 Euro vor, die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 20 auf 21 Prozent sowie die Vorverlegung der stufenweise Erhöhung des Pensionsalters für Frauen in der Privatwirtschaft auf 65 Jahre. Diese Auswirkungen wird die Bevölkerung sofort spüren.

Zahlreiche im vorangegangenen Maßnahmenpaket vorgesehene Einschnitte, wie etwa die drastische Gehaltskürzung bei Parlamentariern oder aber die Liberalisierung der Berufssparten (Rechtsanwälte, Journalisten) sind im neuesten im Paket nicht enthalten, beziehungsweise sie kommen verzögert wie die Senkung der Abgeordnetengagen ab 2013. Auf europäisches Niveau würden sie damit aber nicht zurückgeführt, sagen Kritiker. Nicht umgesetzt wurde auch die Einführung der Vermögenssteuer, über die viel spekuliert worden war.

Alte Struktur, kein Impuls

"Es handelt sich vorrangig um Einnahmen-Erhöhungen. Die dringend nötigen Ausgabenschnitte, Strukturreformen und Wachstumsimpulse blieben aus" kritisierte der Nationalökonom Tito Boeri, Professor an der Mailänder Elite-Universität Bocconi, das Budgetkonsolidierungspaket.

Nicht nur Boeri, auch die Wirtschaftsexperten der Banca d'Italia sind skeptisch, ob Italien tatsächlich bis 2013 den Haushaltsausgleich erreichen werde. "Für einen effizienten Schuldenabbau benötigen wir ein Wirtschaftswachstum von mindestens zwei Prozent" meinte auch der künftige Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi. Laut jüngsten Daten der Banca d' Italia haben Italiens Gesamtschulden im Juli ein Allzeithoch von 1911,8 Milliarden Euro erreicht, das sind etwas mehr als 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Italien ist zu rund 50 Prozent im Ausland verschuldet. Vier Prozent liegen in chinesischer Hand.

Nachdem Aufkäufe von italienischen Staatsanleihen durch die EZB und andere Interventionen alles andere denn garantiert sind, hat die Regierung in Rom nun um Rückendeckung in China angesucht. Wirtschaftsminister Giulio Tremonti bestätigte Gespräche mit den Managern des chinesischen Staatsfonds CIC, einen der größten Staatsfonds der Welt, der einen Großteil der chinesischen Devisenreserven verwaltet.

Dem Vernehmen nach sind die Chinesen aber nicht so sehr gewillt, Roms Staatsobligationen zu kaufen, sondern sind mehr an der Finanzierung von Infrastrukturprojekten (Hochgeschwindigkeitsverkehr, Hafen etc.) interessiert sowie an Privatisierungen. Zur Diskussion steht nicht nur der Verkauf öffentlicher Immobilien sondern auch Beteiligungsveräußerungen an den halbstaatlichen Energiekonzernen Eni und Enel sowie der Poste Italiane.

Bei einer Emission von Staatsanleihen musste Italien am Dienstag eine Rekord-Rendite von 5,6 Prozent bieten. Analysten halten diese für zu hoch, sie sei auf Dauer nicht verkraftbar. Die Nachfrage verlief trotzdem enttäuschend. Insgesamt verkaufte Italien zu Wochenbeginn Schuldscheine im Wert von mehr als 6,4 Mrd. Euro statt der beabsichtigen sieben. Staatspapiere im Wert von 105 Mrd. Euro stehen heuer noch zum Verkauf an. Wirtschaftsminister Tremonti will nun die Wirtschaft ankurbeln unter anderem mit einem Infrastrukturprogramm. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.9.2011)