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Harald Schmidt.
Wie betritt man als lebende TV-Legende, die niemandem etwas beweisen muss, die alte Stätte legendärer Talk-Schandtaten? Tänzelnden Schrittes, erschlankt und ausgeruht, in rechtschaffener Demut vor den wahren, viele hunderttausend Euro schweren "Größen" des Metiers.
Die Auftaktsendung zur neuen "Harald Schmidt Show" war als Huldigungsadresse an Günther Jauch getarnt. Für den ARD-Großeinkauf musste Anne Will bekanntlich ihren sonntäglichen Sendeplatz räumen. Schmidts Verhöhnung glich einem Abschiedsgruß an die Adresse seines alten Arbeitgebers. Für Geschichtsaufarbeitung bleibt in der Besetzung des jeweils neuesten Programmfensters keine Muße: Fernsehen erzwingt eine Form der Geschichtsvergessenheit, die das Glück ewiger Gegenwart im Blick behält. Fernsehen zeigt sich, allen Beteuerungen des Engagements zum Trotz, blickdicht gegenüber Lebensformen, die nicht selbst irgendwie Fernsehen "sind".
Schmidt in Hochform, das heißt Sat.1 und zehrt vom Medienmahlwerk der Umwälzanlage Deutschland. In seiner zauberhaften Selbstreferenzialität ist ein Produkt wie die Harald Schmidt Show noch immer konkurrenzlos. Und so dankte Schmidt treuherzig allen, die ihm "in der 16. Saison ohne Pause" die Treue gehalten hätten. Die Schaffenspause mit Gerhard-Roth-Bart, die Paarbildung mit Oliver Pocher, das alles hat es nie gegeben. Schmidt hat sich seine Abstürze in die öffentlich-rechtliche Bedeutungslosigkeit selbst verziehen. Ab nun gehen Witze (erzählt im Verein mit Olli Dietrich) wieder so: "Sagt sie zu ihm: 'Eines schönen Tages verlasse ich dich!' - Darauf er: 'Schatz, heute ist ein schöner Tag!'" (Ronald Pohl/DER STANDARD; Printausgabe, 15.9.2011)