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Auf der Suche nach einem Ausweg aus der Krise, hin zu mehr Leistung: ÖVP-Chef und Vizekanzler Spindelegger mit seinem Klubobmann Kopf bei der schwarzen Klausur in Saalfelden.
Saalfelden - Ein breiter Muskelprotz stemmt Hanteln. Eine schlanke Schönheit legt einen Liegestütz nach dem anderen hin. Eine Gruppe rackert und strampelt sich auf Hometrainern ab. Zu alledem erklärt eine Stimme in sehr ernstem Ton aus dem Off die gesellschaftspolitische Physik der ÖVP: "Leistung ist gleich Arbeit dividiert durch Zeit."
Der Animationsfilm soll die Funktionäre der krisengebeutelten Partei auf die Herbstarbeit einschwören. Für zwei Tage haben sich die Schwarzen am Donnerstag hier, auf das Gut Brandlhof im Salzburger Saalfelden, zurückgezogen, um in Arbeitskreisen über neue Strategien nachzugrübeln und endlich wieder einmal selbst Themen zu setzen - anstatt ständig mit Personalrochaden und dem schwarz-blauen Erbe von Buwog und Telekom in den Schlagzeilen zu landen.
Angesichts der nicht verstummenden roten Rufe nach einer Reichensteuer hat ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf dezidiert den Terminus "Leistung" als Titel für diese Veranstaltung ausgegeben. In seinem Referat stellt er für alle im Saal gleich einmal klar, "was die Grundlage des breit verteilten Wohlstandes in Österreich" ist: "Es ist die Leistung!" Kopfs Leistungsschau lässt schon nach wenigen Minuten tief blicken.
Da werden zunächst all die Mütter und Väter im Land gelobt (weil sie sich um das Wohl der Familien kümmern) und Engagierte in der Freiwilligenarbeit zu Helden stilisiert. Um dann zum Gegenschlag gegen all jene auszuholen, die eine Vermögenssteuer einführen wollen. "Es geht eigentlich um etwas ganz anderes!", ruft Kopf den rund 200 Zuhörern zu. Nämlich: "Um das Abzocken der Leistungsträger!" Applaus.
Ein Nettozahler, rechnet Kopf vor, würde heute bereits "drei Tansferbezieher schultern". Eine neue Neiddebatte auf Bürgerlich? Von "sozialer Kälte" im Land will der Klubchef angesichts einer Sozialquote von rund 30 Prozent jedenfalls nichts wissen. Stattdessen erhält die "echte, reale" Wirtschaft (im Gegensatz zu den "Zockern an den Börsen") von Kopf ausdrücklich ein generelles "Danke" - und zwar "vom internationalen Großkonzern bis zum Ein-Personen-Unternehmen". Schließlich sind auch sie Leistungsträger.
Angesichts der von der SPÖ begehrten Vermögenssteuer erklärt Kopf ausführlich, was eine solche im Land anrichten würde. Den Standort Österreich schwächen. Unternehmen wie Vermögen vertreiben. Wer das wolle, solle besser gleich selbst vorausgehen, stellt Kopf allen Verfechtern einer Reichensteuer - zumindest indirekt - den Sessel vor die Staatsgrenze. Der Koalitionspartner selbst bekommt in Kopfs halbstündiger Abrechnung auch einiges um die Ohren: "Es ist wohl kein Zufall, dass der Begriff Leistung im SPÖ-Programm vor allem im Zusammenhang mit Transferleistungen und mit staatlichem Handeln vorkommt!" Und überhaupt, ätzt Kopf in Anspielung auf Kanzler Werner Faymanns ÖBB-Inserate als Infrastrukturminister: "Wer Probleme nur vor sich herschiebt, wer auf Zeit spielt, wer lieber inseriert statt agiert, der lässt es an politischer Leistung mangeln!" Wieder Beifall.
Nachmittags kreisten dann Arbeitskreise über Leistung in Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Politik. (Thomas Neuhold, Nina Weißensteiner, STANDARD-Printausgabe, 16.9.2011)