
"Madeleine"
Kate McCann, 456 Seiten,
Lübbe-Verlag, 17,50
Euro
Wien - "Damals konnte ich nur denken: Doch nicht Madeleine. Bitte, nicht Madeleine!" Kate McCann hat ein Buch über das Verschwinden ihrer Tochter und die Suche nach Maddie geschrieben. "Die Niederschrift war eine zeitraubende und zuweilen herzzerreißende Erfahrung, aber sie wurde mir dadurch erleichtert, dass ich seit Mai 2007 täglich Tagebuch geführt habe", so die Britin. Nun erschien "Madeleine" (Lübbe Verlag) auf Deutsch.
Madeleine McCann war am 3. Mai 2007 während eines Urlaubs mit ihren Eltern an der portugiesischen Algarve spurlos verschwunden. In ihrem Buch schreibt Kate McCann über die ersten Erfahrungen mit den Ermittlern aus der Heimat: "Völlig verzweifelt und verärgert verloren wir an dem Montagabend den englischen Verbindungsbeamten gegenüber die Fassung. Kaum waren sie ein paar Sekunden da, schon erzählten sie uns: 'Wir hatten heute einen total frustrierenden Tag.' Es stellte sich heraus, dass sie den ganzen Tag ohne Dolmetscher hatten auskommen müssen. Mit anderen Worten, der ganze Tag war reine Zeitverschwendung gewesen. Wir rasten vor Wut."
Suchaktion
Nach dem Verschwinden der Tochter haben Kate und Gerry McCann eine Suchaktion nach ihrer Tochter gestartet. Dazu schreibt die Mutter im Kapitel "Die Geburt unserer Kampagne": "Wir lebten in einem Informationsvakuum. Ein wesentlicher Teil des Problems war die Tatsache, dass alle Ermittlungen im Zusammenhang mit Straftaten in Portugal einem Gesetz unterliegen, das die Ermittler zum Schweigen verpflichtet. (....) Selbst die Erklärungen und Appelle, die wir abgaben, wurden von der PJ (Abkürzung für die portugiesische Kriminalpolizei, Anm.), obwohl in Großbritannien durchaus üblich, ganz und gar nicht gut geheißen. Natürlich war das für uns die reinste Qual."
Die Erfahrungen mit dem Bild der Familie in Medien beschreibt McCann so: "Uns für Medienzwecke fotografieren zu lassen war und ist bis heute sehr problematisch. (...) Lächeln scheint unter den gegebenen Umständen völlig unangemessen, und selbst wenn es das nicht ist, wenn wir zum Beispiel mit Sean und Amelie (die beiden anderen Kinder des Paares, Anm.) spielen, (...) hält es doch die Leute nicht davon ab, uns zu kritisieren. 'Guck mal, die lächeln - die scheinen sich ja überhaupt keine Sorgen zu machen, was?' Aber wenn man nicht lächelt, wird man natürlich als 'kalt' oder 'versteinert' abgestempelt."
Vorwürfe
Auch über ihre Gefühle im Zusammenhang mit - nie erhärteten - Vorwürfen gegen die Eltern berichtet Kate McCann. So titelte etwa ein englisches Boulevardblatt "Bald Ermittlungen gegen Maddies Eltern". Dazu die Mutter: "Wegen 'Vernachlässigung', behauptete die Zeitung. Mittlerweile waren uns Angriffe dieser Art nicht mehr fremd, aber es war dennoch unglaublich verletzend, da sie uns indirekt die Schuld an Madeleines Entführung gaben. Wir waren nicht so sehr davon verletzt, was die Leute (...) über uns dachten, sondern vielmehr von den schmerzlichen Erinnerungen daran, dass wir, wenn auch noch so unbeabsichtigt, dem Täter eine Gelegenheit geboten hatten. Wir waren nicht für Madeleine dagewesen."
Sorgen um die Zukunft
Kate McCann spricht in dem Buch offen ihre Ängste an. "Ich mache mir Sorgen um die Zukunft, darum, dass die Kinder fort auf die Universität gehen werden und vielleicht gern reisen wollen, so wie ich früher. Ich will nicht, dass sie gehen. Ich will an ihnen festhalten und sie sicher in meiner Nähe haben."
"Madeleine" enthält außer der Schilderung der Ereignisse aus der Sicht der Mutter zahlreiche Abbildungen, Grafiken und statistische Angaben über vermisste Kinder. Sämtliche Autorenhonorare fließen in den "Madeleine's Fund". An die Leser richtet McCann den Aufruf, die Behörden zu einer "gemeinsamen, unabhängigen und umfassenden Überprüfung" des Falls zu drängen. (APA)