
Auch auf fernsehkritik.tv wird der Prinz ob seiner Astro-TV-Verkaufstätigkeit alles andere als sanft angefasst.
Ursprünglich hätten an dieser Stelle nur zwei Links stehen sollen. Denn sobald der Doppelvornamen Mario-Max getippt ist, klingeln meine Telefon und meine Mailbox ohne Unterlass: Die Trakte des deutschen Hauses Schaumburg-Lippe, die einander alles andere als hold sind, intervenieren, sobald es um den spaßigsten Prinzen seit Erfindung der Adoption geht.
Das ist lustig. Etwa wenn sich diese Kolumne plötzlich als "Link zum Thema" in Wikipedia-Einträgen der streitenden Hausmeisters findet. Oder wenn geklagt wird, ich würde versuchen, mich durch Sudel- oder PR-Schreibe aus der Unbedeutsamkeit meiner bürgerlichen Nicht-Relevanz in lichte, erlauchtere Höhen zu hangeln. Auf Hoheitsgebiete verdienter und namhafter ... und so weiter: Manche Menschen streicheln ihre Autos - andere ihre Namen. Auch, wenn sie für den nichts anderes geleistet haben, als geboren oder adoptiert worden zu sein.
Kochendes blaues Blut
Um Schaumburg-Lippe vs Schaumburg Lippe zu illustrieren, wollte ich also auf zwei Links verweisen. Beide waren kurz in meiner Mailbox gelandet, nachdem ich bei Nina "Bambie" Bruckner in einem Nebensatz erwähnt hatte, dass sie dereinst mit Mario-Max ... und so weiter.
Der erste Link verwies auf Schloss Bückeburg. Man wies dort "aus gegebenem Anlass" auf folgenden Umstand hin: "Ein 'Fürst Waldemar zu Schaumburg-Lippe-Nachod' existiert ebenso wenig wie ein 'Erbprinz Mario-Max zu Schaumburg-Lippe-Nachod'". Der "gegebene Anlass"? Ich hatte geschrieben "mittlerweile zum 'Erbprinz Mag. Dr. Mario-Max zu Schaumburg-Lippe-Nachod' hochadoptiert".
Adelsrechtsausschuss
Das "Erb"- und "Nachod" waren mir neu gewesen. Ein weiteres Kleinod, im strahlenden Schmuckkästchen des Namensstreits. Gefunden hatte ich es beim "Adelsrechtsausschuss Schaumburg Lippe". Und der erklärt Schwerwiegendes: "Der Fürstliche Adelsrechtsausschuß [sic] ist Spruchkörper des Fürstenhauses zu Schaumburg-Lippe-Nachod... Er wird vom Fürstenhaus zu Schaumburg-Lippe-Nachod getragen einem der bedeutesten Hochadelshäuser des deutschen Sprachraums ... Die Entscheidungen des Fürsten zu Schaumburg-Lippe-Nachod, gegenwärtig Waldemar Fürst zu Schaumburg-Lippe-Nachod, sind bindend."
Was genau mir Fürst Waldemar da aufbinden will, kapiere ich zwar nicht, aber etwas anderes habe ich mittlerweile doch verstanden: Erbrpinz Mario-Max soll den Kult um seine Person recht rigoros steuern. Das sagen zumindest jene, die ein ellenlanges Schreiben von Durchlaucht mit "unzulässigen" Fragen an Durchlaucht gesehen haben wollen. Und zwar als man unlängst plante, Mario-Max in einer Doku-Soap vorkommen zu lassen. Aber: Derlei ist Hörensagen. Nicht belegbar.
"Der hohe Rat der Vitalität"
Wie auch immer, Erbprinz Mario-Max ist ein Universalgenie, das sprachlos macht. Mich zuletzt, als er mir vergangenen Samstag entgegen trat: "Schau mal" sagte ein Freund - und zappte zu Astro-TV. Dort saß der Prinz vor der Kamera und lud uns Stammbaumlose ein, ihn anzurufen. Er habe "Botschaften" und "I-Ging Karma Ablösen" zu vergeben. Das Telefon läutete ohne Unterlass. "Prinz Mario Max", meldete sich (ohne "Erb-").
Die Botschaften: "Der hohe Rat der Vitalität hat eine Botschaft für dich: Du sollst Obst kaufen. Erdbeeren und Rhabarber. Mische sie mit Joghurt - und iss alles auf." Oder: "Der hohe Rat der Spiritualität hat eine Botschaft für Dich: Deine Großmutter hatte die Kraft zu heilen. Sie liegt in Deinen Händen. Das ist Deine Zukunft." Oder aber: "Der hohe Rat der Vitalität hat eine Botschaft für Dich: Du bist in den nächsten Tagen in großer Gefahr, auszurutschen. Besorge Dir Schuhe mit rutschfesten Sohlen."
Botschaften verteilen, Karma einsammeln
Ich war nüchtern. Ich habe das wirklich gesehen. Der Prinz zuckte mit keiner Wimper. Zwei Stunden lang. Wenn er keine Botschaften verteilte, sammelte er Karma ein. Mit ausholenden, in die Kamera reichenden, Gesten: "Ich nehme dein Finanz-Karma und übergebe es dem heiligen Buddha". Dabei streichelte er eine Porzellan-Statuette. Danach wandte er sich wieder der Kamera zu: "Und jetzt gebe ich Dir noch einen Schutz mit" - (wahlweise auch "viel gute Energie").
In einer Anruferpause verriet der Prinz, dass er ein Swami sei: "Ich habe das (das Karma-Ablösen, Anm.) in Asien von der Pike auf gelernt." Er gäbe uns um 50 Cent (soviel kostet ein Anruf - nur kommt man selten beim ersten Mal durch), was "tausende Euro und unsägliche Mühen kostet: Der 14-stündige Flug nach Asien, das Hotel, das Taxi zum Kloster. Dort, bei den Mönchen im I-Ging-Kloster ist dann alles gut - aber danach braucht man wieder ein Taxi. Das kostet locker 100 Euro. Man muss wieder übernachten - und wieder 14 Stunden nach Europa fliegen."
Edelmut tut immer gut
Ich weinte: Der Erbprinz tut und leidet. Für uns. Die Menschen. Die Sterblichen. Wie konnte ich je an seiner Redlichkeit und an seinem Edelmut zweifeln? Mario-Max steht so weit über mir. Jeder Titel, jede Anrede steht ihm zu. "Durchlaucht", "Hochwohlgeboren", "Exzellenz" - gerne auch "Heiligkeit". Und "Erlöser". Oder einfach: "Oh, mein Gott!" (Thomas Rottenberg, derStandard.at, 16.9.2011)