Etwas lockerer als die Chefin: Heinz Jirout neben Spitzenfrau Renate Künast.

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Anders als seine Chefin, Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast, ist er auch ohne Bürgermeisteramt zufrieden.

Sie will noch nicht aufgeben. Dass der Berliner Bürgermeister aller Wahrscheinlichkeit auch nach dem Sonntag Klaus Wowereit (SPD)heißen wird, mag Renate Künast einfach noch nicht einräumen. "Zuerst müssen am Sonntag Wähler entscheiden, und dann sehen wir weiter", sagt die grüne Spitzenkandidatin im Gespräch mit dem Standard.

Vor einigen Monaten noch lagen Grüne und SPDin Berlin gleichauf, jetzt sind die Sozialdemokraten in Umfragen fast zehn Punkte vorn, der grüne Hype ist abgeflaut. "Es ist für mich unerklärlich, aber wir müssen uns jetzt auch nicht mehr einreden, dass wir Bürgermeisterin werden" , sagt Heinz Jirout. Der gebürtige Wiener, der seit 1982 als Architekt und Stadtplaner in Berlin lebt, tritt als Direktkandidat im Berliner Süden an.

Ein wenig paradox findet er die Berlin-Wahl schon: "Es ist absehbar, dass wir stark zulegen werden. Alles über 20 Prozent ist super. Dennoch werden wir als Verlierer dastehen, wenn Künast nicht Bürgermeisterin wird."

Er selbst, der im Gemeindebau in Wien-Hietzing aufwuchs, will in der Berliner Stadtplanung etwas bewegen. Schon vor dem Planungsverfahren für Großprojekte sollen alle Betroffenen eingebunden werden. "Die Bürger müssen frühzeitig informiert werden, damit sie das Projekt letztendlich annehmen" , sagt er. Man dürfe ihnen nicht – wie beim umstrittenen Stuttgarter Bahnhof S21 – etwas vor die Nase setzen und sich auf Gremien berufen, die ohnehin alles abgesegnet hätten.

Zu den Berliner Grünen kam Jirout übrigens indirekt über den ehemaligen deutschen Außenminister Joschka Fischer. "Den fand ich einfach als Typ gut" , sagt er. Und als Rot-Grün 1998 im Bund an die Macht kam, schaute Jirout bei einer Grünen Veranstaltung der Berliner Basis vorbei. Dabei wurde ihm schnell klar:"Regieren ist ganz etwas anderes, als bloß ein Programm zu haben" .

Sein eigenes Programm will er bis zum letzten Moment an die Berliner bringen. Noch am Wahlsonntag wird Jirout an der Berliner S-Bahn Semmerl fürs Frühstück verteilen. Die heißen in Berlin allerdings Schrippen. (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD, Printausgabe, 16.9.2011)