Man hat kein Hellseher sein müssen, um zu wissen, dass Kathrin Zechner zur Fernsehdirektorin bestellt werden würde: Die Rückkehr zum ORF war mit Generaldirektor Alexander Wrabetz längst gedealt.

Zechners Zeit bei den Vereinigten Bühnen Wien, die mit Jahresende ausläuft, wird also eine Art Intermezzo gewesen sein. Wenngleich ihr niemand nachsagen kann, sie hätte ihre Tätigkeit als Musicalintendantin nicht mit der gleichen Intensität verfolgt wie schon zuvor jene beim ORF, als sie Sendungen wie Taxi Orange oder Vera kreieren ließ.

Die zierliche Person, 1963 in Graz als Tochter eines HNO-Arztes geboren, ist wohl das, was man einen typischen Stier bezeichnet. Kämpferisch eben. Zudem legte sie eine Blitzkarriere hin: Nach dem Jusstudium in Wien arbeitete sie bei der KSZE, von 1986 bis 1991 war sie freie ORF-Mitarbeiterin, danach ein Jahr lang Unterhaltungschefin beim Privat-TV-Sender Tele 5 in München, bevor sie für zwei Jahre zur TV-Produktionsfirma John de Mol beziehungsweise Endemol nach Köln wechselte. Im Oktober 1994 holte Gerhard Zeiler die "Kathi", die er von München her kannte, als Programmintendantin zum ORF. Mit 31 Jahren war sie das jüngste Mitglied seines Teams.

Doch nicht nur mit ihren Ideen machte der Wirbelwind von sich reden: Die blauäugige "Madame 100.000 Volt" stylte sich täglich neu, nannte 300 Outfits ihr Eigen, genoss das Seitenblicke-Leben und geriet 1997 in Verdacht, Kokain geschnupft zu haben (das Verfahren wurde aber eingestellt).

2002, unter Monika Lindner, verlor sie ihren Job. Hilfesuchend wand sie sich an den Wiener Bürgermeister, und Michael Häupl brachte sie als Musicalintendantin unter. Zunächst sorgte sie für Befremden: Zechner träumte von einem "erwachsenes Schneewittchen" und bot Hubert von Goisern an, ein Musical über Mozart zu schreiben, der im Böhmerwald einen Achsbruch hat. Es wäre wohl ihre Aufgabe gewesen, ein Udo-Jürgens-Musical entwickeln zu lassen, statt nur eine erfolgreiche Produktion einzukaufen. Aber sie realisierte Rebecca und nahm sich die Freiheit, auch mehrere Projekte mit Niveau zur Uraufführung zu bringen: Am 24. September hat Woyzeck mit den Tiger Lillies Premiere.

Eskapaden gehören der Vergangenheit an. Mit ihrem Expartner Erwin Steinhauer hat die Alleinerzieherin einen Sohn, als Geschwisterchen für Stanislaus (11) adoptierte sie Rithi (8). Die strenge Mama lässt sie jetzt sogar schon fernsehen. (Thomas Trenkler/DER STANDARD, Printausgabe, 16.9.2011)