Wroclaw - Die USA sollen beim Treffen der Euro-Finanzminister in Polen auf eine deutliche Erhöhung des Euro-Rettungsschirms EFSF gedrängt haben. In EU-Ratskreisen hieß es, Timothy Geithner habe dieses Anliegen vorgebracht. So solle das tatsächliche Kreditvolumen von derzeit 440 Milliarden Euro - der Garantierahmen beträgt 780 Milliarden Euro, um das Triple-A zu gewährleisten - erhöht werden, um vor allem auch eventuelle Schwierigkeiten von Spanien oder Italien berücksichtigen zu können.
Das Gerede über eine Auflösung der Währungsunion in Europa müsse aufhören, sagte Geithner laut Reuters in Breslau. Europa habe die Fähigkeit, die Krise zu bewältigen, müsse dies aber auch tun. Es werde zwar keine konzertierten Aktionen der USA und der Europäischen Union gegen die Krise geben, aber eine enge Zusammenarbeit. Die Einführung einer Finanz-Transaktionssteuer lehnte er dagegen ab.
Die Euro-Gruppe hat indes nach den Angaben von Österreichs Finanzministerin Maria Fekter die Forderung ihres US-Amtskollegen nach mehr Geld zur Finanzierung und Stabilisierung des Bankensektors und zu einer EFSF-Aufstockung abgelehnt. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble habe Geithner darauf hingewiesen, dass "mit Steuergeld allein in der Dimension, wie sich die USA das wahrscheinlich vorstellen, so nicht machbar sein wird".
Der hohe Besuch aus den USA mag zeigen, wie brenzlig die Lage in der Eurozone derzeit ist. Dass ein amerikanischer Finanzminister an einem EU-Treffen der europäischen Kollegen teilnimmt, ist ein Novum. Die Sorge, ein Kollaps des europäischen Währungssystems könnte die gesamte Weltwirtschaft in die Tiefe reißen, macht es möglich. US-Präsident Barack Obama will nun am Ball bleiben und anlässlich der UN-Vollversammlung mit seinen europäischen Partnern weiter reden, wie das Weiße Haus am Freitag meldete.
Sonderwege oder nicht
Im Fokus des Treffens steht auch die immer schwierigere Rettungsaktion für Griechenland. Die sechste Hilfstranche für Griechenland in Höhe von acht Milliarden Euro aus dem ersten Rettungspaket wird um knapp zwei Wochen verschoben und nun am 14. Oktober ausgezahlt werden. Worum es heute noch geht, sind die Forderungen Finnlands nach zusätzlichen Garantien bei Krediten an Griechenland. "Es muss ein Modell geben, das alle in Anspruch nehmen können, wenn sie wollen. Und wir sind dabei auf eine Möglichkeit gestoßen, dass Garantieentgelte verlangt werden, wenn diese Garantien etwas kosten. Dann können sich die Staaten selbst überlegen, ist ihnen das etwas wert oder nicht", sagte Maria Fekter.
Sie hat vor Beginn der Sitzung der Eurogruppe im polnischen Wroclaw vor einer anhaltenden Debatte über die Zahlungsunfähigkeit von EU-Staaten gewarnt. "Weil das natürlich sehr viel kostet. Wir sind derzeit dabei, das Programm, das wir uns vorgenommen haben, abzuarbeiten. Je konsistenter wir hier vorgehen, desto besser ist das insgesamt". Außerdem "will ich nicht jede Woche eine neue Kuh durchs Dorf treiben und auch nicht ständig über neue Ideen, die noch nicht realisierbar sind, nachdenken."
Mehr Disziplin in Budgetfragen
Den EU-Regierungen ist es immerhin gelungen, sich mit dem Europaparlament auf die Details eines Regelpakets zu einigen, das zu strenger Budgetdisziplin und quasiautomatischen Sanktionen gegen Budgetsünder führen soll. Die wirtschaftspolitische Steuerung zur Stärkung des Euro-Stabilitätspaktes inklusive des sogenannten "Six-Pack" konnten zwischen EU-Parlament, Kommission und polnischer Ratspräsidentschaft in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag beschlossen werden. Der polnische Finanzminister und Ratsvorsitzende Jacek Rostowski sprach von einem Kompromiss, der nun dem Finanzministerrat zur Annahme vorgelegt werde. Die Abstimmung im Europaparlament ist für den 28. September angesetzt.
Milliardenspritzen gegen schlechte Stimmung
Die fünf wichtigsten Zentralbanken der Welt waren schon gestern bemüht, der Alarmstimmung durch Dollar-Milliarden an die Banken entgegenzuwirken. Nach Ansicht des US-Milliardärs Georg Soros steht Europa übrigens vor einem massiven wirtschaftlichen Niedergang. Verhindert werden könne das nur mit einer stärkeren Integration - unter anderem durch die Schaffung eines europäischen Finanzministeriums, wie der in der deutschen Wochenzeitung "Zeit" kundtut. (rb, derStandard.at, 16.9.2011)