Österreichs Wirtschaft ist im zweiten Quartal etwas schwächer gewachsen als bisher angenommen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg gegenüber dem Vorquartal real nur um 0,7 Prozent statt der ursprünglich errechneten 1,0 Prozent. Dies gab am Freitag das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) bekannt.

Mit der Revision nach unten trägt das Wifo einerseits den vor einer Woche von der Statistik Austria publizierten BIP-Jahresdaten für das Vorjahr Rechnung und wendet andererseits auch ein neues Verkettungsverfahren zur Ermittlung realer Absolutwerte an.

Leicht nach unten gesetzt hat das Wifo bei der Neuberechnung zudem den realen BIP-Zuwachs für das erste Quartal, der jetzt mit 0,8 Prozent gegenüber dem Vorquartal festgestellt wurde nach zuvor 0,9 Prozent. Damit expandierte die heimische Wirtschaft heuer im ersten Halbjahr im Jahresabstand real um 3,8 Prozent, erklärte das Institut in einer Aussendung.

Den BIP-Anstieg im Jahresabstand beziffert das Wifo für das zweite Quartal nun mit 3,4 Prozent, nach noch 3,7 Prozent bei der Erstschätzung Mitte August. Für das erste Quartal wurde das Plus aber bei unverändert 4,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal belassen.

Export schwächelt

Abgeschwächt hat sich laut Wifo im zweiten Quartal vor allem der Warenexport: Nach noch real 3,1 Prozent Anstieg im Auftaktquartal nahm er im zweiten Vierteljahr nur mehr um 0,5 Prozent zu. Aufgrund des Rückgangs des Reiseverkehrsexports verringerte sich auch die Ausfuhr von Dienstleistungen im zweiten Quartal - und zwar um 0,5 Prozent - nach noch 1,0 Prozent Zuwachs im ersten Quartal.

Die Nachfrage nach Bruttoanlageinvestitionen verlor zwar im zweiten Quartal an Kraft (+0,9 Prozent, Q1: +1,3 Prozent), stützte jedoch laut Wifo das Wirtschaftswachstum. Dabei wuchsen die Ausrüstungsinvestitionen mit +1,1 Prozent etwas schwächer als zuletzt (+1,8 Prozent). Die Bauinvestitionen dagegen wurden auch im zweiten Quartal ausgeweitet, womit der bis Ende 2010 herrschende Abwärtstrend der Bauinvestitionsnachfrage gebrochen wurde.

Die Konsumausgaben der privaten Haushalte entwickeln sich nach Angaben des Wirtschaftsforschungsinstituts von Freitag "gut, obwohl die Einkommen wegen der hohen Inflationsrate real rückläufig sind". Im zweiten Quartal wuchsen die Konsumausgaben real um 0,4 Prozent, nachdem sie zum Jahresauftakt im gleichen Ausmaß gesunken waren.

Kurze Rezession möglich

Trotz der in den letzten Wochen deutlich verschärften Situation in der Euro-Krise und an den Finanzmärkten erwartet Wifo-Konjunkturexperte Marcus Scheiblecker nur einen "normalen Konjunkturabschwung" und keinen Einbruch. Allerdings könne der Abschwung auch eine "kurze, kleine Rezession" enthalten, sagte der Experte.

Dieses normale Abschwungszenario gehe davon aus, dass Griechenland nicht Bankrott gehe und die Aktienkurse nicht noch weiter deutlich fallen. Vor allem die in den vergangenen Wochen abgesackten Bank-Aktien hätten ihn sehr besorgt gemacht, sagte Scheiblecker, da Bankpleiten üblicherweise mit Wirtschaftskrisen verbunden seien. Es gebe aber keinen Grund für solches Worst-case-Szenario. Das sei auch gut so, meinte der Experte, denn sowohl Geld- als auch Fiskalpolitik hätten ihr Pulver zur Krisenabwehr eigentlich schon verschossen.

Auf eine weitere Wachstumsverlangsamung hätten wichtige Wirtschaftsindikatoren schon länger hingedeutet - noch ohne die turbulente Entwicklung der vergangenen vier bis fünf Wochen, so Scheiblecker. Schon auf Basis der bis Ende Juni erstellten Daten habe man von einer bevorstehenden "normalen Abschwächung" ausgehen können, noch ohne die negativen News von August und September.

Die Frage sei, ob nun wirklich nur eine "normale Abschwächung" bevorstehe oder vielleicht doch ein "double dip", also ein "zweimaliges Eintauchen". Insgesamt sei die Einschätzung heute pessimistischer. Aber Griechenland etwa müsse einen positiven Weg nehmen, gibt sich der Wifo-Experte zuversichtlich - trotz mancher Unkenrufe in Deutschland, denen zufolge man "zweifeln könnte, ob es den Euro nächstes Jahr noch gibt", so Scheiblecker. (APA)