Bild nicht mehr verfügbar.
Spindelegger hat ein neues Schlagwort: "Ehrlichkeit"
Saalfelden - Die ÖVP hat neben der "Leistung" ein neues Schlagwort für sich entdeckt: Die "Ehrlichkeit". ÖVP-Chef Michael Spindelegger stellte in seiner Grundsatzrede bei der Klubklausur in Saalfelden die Korruptionsbekämpfung in den Mittelpunkt. Die Telekom-Affäre "ist ein großer Wirtschafts- und Korruptionsskandal", dieser "Sumpf" gehöre trockengelegt, so Spindelegger. Ins Visier nimmt die ÖVP aber auch die ÖBB und die Mindestsicherung. Letztere solle evaluieren werden, weil es zu viel Missbrauch damit gebe, sagte Spindelegger.
Korruption
Der Korruption müsse ein Ende gesetzt werden. Es müsse alles auf den Tisch und die volle "strafrechtliche und politische Verantwortung" übernommen werden. Und wenn jemand von der ÖVP betroffen ist, werde er die Konsequenzen ziehen, so Spindelegger. Für so jemanden gebe es in der Volkspartei keinen Platz. Die ÖVP will sich die Skandale aber auch nicht alleine umhängen lassen. Dass sich FPÖ und BZÖ aus der Verantwortung stehlen, "spottet jeder Beschreibung", so Spindelegger. Hubert Gorbach, Mathias Reichhold, Herbert Scheibner und Uwe Scheuch seien alles blau-orange Politiker. Er werde es daher nicht hinnehmen, dass sich FPÖ und BZÖ "an der ÖVP abputzen".
Als "Treppenwitz der Geschichte" bezeichnete Spindelegger die Versuche der FPÖ, sich als christlichsoziale Partei zu geben. "Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass die FPÖ eine christlichsoziale Partei wird." Freiheitliche Politiker betrieben Hetze, liebäugelten mit der Vergangenheit und bedauerten noch immer den Ausgang des Zweiten Weltkriegs. Das alles habe mit christlichsozial nichts zu tun.
Ehrlichkeit
Als neues Schlagwort gab Spindelegger "Ehrlichkeit" aus. Jeder Politiker müsse dem Grundsatz folgen: "Wer in die Politik geht, muss für die Menschen und das Land etwas bewegen wollen und nicht in die eigene Tasche wirtschaften."
Privilegien
Spindelegger erteilte dem SPÖ-Wunsch nach Vermögenssteuern einmal mehr eine Absage und verlangte einen Privilegienabbau bei den ÖBB. Die Bahn bekomme in Summe sechs Mrd. Euro von Staat - zwei für die Pensionen, zwei für den Betrieb und zwei für die Infrastruktur. "Sechs Milliarden sind eine Marke, die ist nicht mehr haltbar" und "ist auch nicht gerecht", so Spindelegger an die Adresse von SPÖ-Kanzler Werner Faymann. "Es kann nicht sein, dass die ÖBB als Schrebergarten der roten Reichshälfte angesehen wird, wo man nicht hinein darf."
Mindestsicherung soll evaluiert werden
Aufhorchen ließ Spindelegger mit der Ansage die Mindestsicherung evaluieren zu wollen. Es werde nämlich Missbrauch damit betrieben, meinte er. Und "sozialer Missbrauch ist Missbrauch der Kultur dieses Landes".
Studiengebühren
Er forderte den Koalitionspartner weiters auf, in Sachen Studiengebühren "über die goldene Brücke", die man der SPÖ gebaut habe, zu gehen. "Es wäre gelacht, dass man von einem zukünftigen Großverdiener nicht 500 Euro im Semester einheben könne", so der VP-Chef. Er plädierte erneut für einen Schuldenabbau und eine Anhebung des faktischen Pensionsalters. Bei den Pensionen müsse man ambitionierter sein und ein Bonus-Malus-System schaffen. Wer früher in Pension gehe, müsse "empfindliche Abschläge spüren".
Bar-Leistung
In Stimmung bringen wollte man sich Donnerstagabend mit einem Vortrag von Jan Fleischhauer, Redakteur des "Spiegel", zum Thema "Die Linke hat nicht recht". Fleischhauer verzichtete dabei jedoch auf jegliche sachliche Auseinandersetzung, sondern beschränkte sich auf seichtes Bashing "der Linken". Ihre eigene Leistungsfähigkeit stellte die ÖVP am Abend an der Hotelbar unter Beweis. "Ich danke euch für die Leistung gestern an der Bar", meinte Kopf. Trotzdem schaffte es die leistungswillige ÖVP Freitag früh dennoch, lokale Betriebe und Blaulichtorganisationen zu besuchen.
Sozialministerium versteht Aussagen zu Mindestsicherung nicht
Im Sozialministerium kann man die Aussage von Spindelegger, es gebe bei der Mindestsicherung Missbrauch und es brauche daher eine Evaluierung, nicht nachvollziehen. Es sei ohnehin vereinbart, dass es im kommenden Jahr eine derartige Überprüfung geben wird. Außerdem verweist man im Sozialressort darauf, dass es gerade "einer der wesentlichsten Punkte" der Mindestsicherung sei, dass diese missbrauchssicherer als die Sozialhilfe sei.
Die bedarfsorientierte Mindestsicherung war vor einem Jahr, am 1. September 2010, im Rahmen der 15a-Vereinbarung in Kraft getreten. Umgesetzt ist sie noch nicht überall, als letztes Bundesland startet Oberösterreich am 1. Oktober.
Vor einer Evaluierung gelte es daher, dass das Modell erst einmal in allen Bundesländern umgesetzt wird, hieß es am Freitag aus dem Sozialministerium. Dass dann 2012 eine Evaluierung erfolgt, sei "immer ausgemacht" gewesen. Im ersten Jahr des Bestehens der Mindestsicherung habe man 12.000 Bezieher wieder in den Arbeitsmarkt hineingebracht. Dies zeige, dass das System funktioniere. Man sehe auch nicht, wo nun ein stärkerer Missbrauch im Vergleich zu alten Sozialhilfe liegen soll, hieß es aus dem Sozialministerium. (APA)