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Manfred Juraczka: "Ich bin der Meinung, man muss hier einen bürgerlichen Gegenentwurf stellen, der den selbstbestimmten, den freien Menschen in Eigenverantwortung Angebote macht."

Foto: apa/neubauer

Wien - Der neue nicht amtsführende Wiener ÖVP-Stadtrat Manfred Juraczka (42) will die Wiener ÖVP mit einem "bürgerlichen Gegenentwurf" zu Rot-Grün aus dem Tief holen. Das hat er im Interview mit der APA betont. Die Stadtregierung, so befand er, wolle den Menschen ideologisch vorschreiben, wie diese zu leben hätten. Die ÖVP wolle stattdessen Wahlmöglichkeiten anbieten. Welche Möglichkeiten die Wiener Volkspartei bei der Suche nach einem neuen Parteichef hat, soll in Ruhe erörtert werden, kündigte der neue Stadtrat an.

"Ich sehe zwei wesentliche Aspekte im neuen Amt. Einerseits, wie es in der Stadtverfassung vorgesehen ist, die Kontrollfunktion", sagte Juraczka. Es reiche, sich nur einige Schlagworte wie Pratervorplatz, die Vergabepraktiken im AKH oder die Kunsthalle vor Augen zu halten. Das alles zeige: "Kontrolle ist in dieser Stadt sicher wichtig."

Die rot-grüne Regierung erachte er zudem für schlecht, weil sie die Leute in Abhängigkeit dränge: "Ich bin der Meinung, man muss hier einen bürgerlichen Gegenentwurf stellen, der den selbstbestimmten, den freien Menschen in Eigenverantwortung Angebote macht." Statt Zwang soll es Wahlmöglichkeiten geben - etwa im Bereich Bildung: "Es ist ganz wichtig, dass es Schulen in Ganztagsbetreuung gibt, es muss aber auch möglich sein, dass Kinder am Nachmittag in Vereinen aktiv sein können, in der Jungschar, bei den Pfadfindern, beim Klavierunterricht, in der Tennisstunde, was auch immer."

Er wolle jedenfalls die Wiener für die Volkspartei überzeugen. Angesprochen fühlen sollen sich vor allem jene, denen die "drei E" wichtig seien - also Eigentum, Eigenverantwortung und Einsatz.

Abschaffung der nicht amtsführenden Stadträte denkbar

Dass zuletzt in Wien sogar über die Abschaffung der nicht amtsführenden Stadträte debattiert wurde, empört Juraczka keineswegs: "Wenn es nur darum geht, diese Funktion in Frage zu stellen und Oppositionsrechte einzuschränken, kann das sicher nicht sein." Die Notwendigkeit einer Verwaltungsreform hätten aber viele bereits begriffen. In diesem Zusammenhang könne man über alles reden, wenn es sich als sinnvoll herausstelle - auch über ein Aus für die nicht amtsführenden Stadträte (die in Wien Teil des Stadtsenats sind, aber kein Ressort innehaben, Anm.).

Laut Juraczka war der Rücktritt von Christine Marek, die sämtliche Ämter in Wien aufgegeben hat, "sehr überraschend". Die Suche nach einem Parteichef werde nun begonnen: "Wir werden jetzt in aller Ruhe und unter Einbindung der Bezirke, der Funktionäre und unter Erstellung eines klaren Profils, das zeigt, wohin die Reise gehen soll, uns auf die Suche machen."

Gerüchten zufolge ist er selbst im Vorfeld der jüngsten Vorstandssitzung als möglicher Obmann gehandelt worden. Nun sieht er sich laut eigenen Angaben nicht mehr als Kandidat: "Wenn ich mein Amt als Stadtrat so ausfüllen möchte, wie ich mir das so vorstelle, bin ich überzeugt, dass mich das zu 100 Prozent ausfüllen wird."

Hernalser

Manfred Juraczka ist nicht nur Chef der Bezirks-Schwarzen in Hernals, sondern war in seinem Heimatbezirk von 2007 bis 2010 stellvertretender Bezirksvorsteher. Bei der Wien-Wahl wurden die Bezirks-Schwarzen jedoch von der FPÖ und von den Grünen überholt, der Anspruch auf das Stellvertreter-Amt ging verloren. Seither ist Juraczka nur mehr Bezirksrat. Er ist Angestellter und wird seinen Job nach der Angelobung im Gemeinderat an den Nagel hängen, betonte er heute.

Vor einigen Jahren ist der Neo-Stadtrat mit einem ungewöhnlichen Vorschlag an die Öffentlichkeit getreten: Er setzte sich 2005 dafür ein, die Herkunft von Hundekot mittels DNA-Analyse zu klären. Aufrecht bleibt diese Forderung nicht, versicherte er nun. Das hat nichts mit dem technischen Aufwand, sondern mit den Aktivitäten der Stadt zu tun: "Mir war damals wichtig, dieses Thema, das die Leute irrsinnig geärgert hat, einmal zum Thema zu machen. Das wurde damals breit diskutiert, es war auch ein bisschen Unterhaltungswert dabei."

Die Initiative habe jedenfalls einen Prozess ausgelöst: "Gleich danach kam eine überparteiliche Bürgerinitiative, die dagegen aufgetreten ist. Seither hat sich etwas getan, auch vonseiten der Stadt." Es gebe nun Automaten mit Hundesackerl, bei wirklich schwarzen Schafen werde nun auch gestraft - und es habe zu einem Umdenken bei Hundehaltern geführt: "Ich habe eigentlich das erreicht, was ich erreichen wollte." (APA)