Werner Binnenstein-Bachstein studierte an der WU Wien Betriebswirtschaft und war danach Mitarbeiter an der Abteilung für Sozialpolitik und Geschäftsführer des NPO-Instituts an der WU Wien. Seit 1999 ist er bei der Caritas Wien beschäftigt. Seit 2008 ist er Geschäftsführer der Caritas der Erzdiözese Wien.

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"Als Arbeitgeber und Unternehmen befinden wir uns zwischen Geld- und Wertorientierung", sagte Werner Binnenstein-Bachstein, Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien, bei seinem Vortrag über Personalmanagement in sozialen Organisationen, im Rahmen des HR Circle in Wien. Dieses Spannungsfeld zwischen Wirtschaft und Sinn sehe er aber auch in Profitunternehmen. Überhaupt sei die Abgrenzung zwischen Nonprofit- und Profitunternehmen schwierig: "Wir dürfen auch Gewinne machen, diese aber nicht ausschütten sondern müssen sie in die Organisation reinvestieren." Die Gemeinnützigkeit stehe im Vordergrund. Die Haupteinnahmequelle der Caritas sind mit 64 Prozent öffentliche Gelder, der Spendenanteil liege zwischen zehn und zwölf Prozent.

4.000 Mitarbeiter

"Wer denkt, wir hätten nur katholische Mitarbeiter liegt falsch", betonte Binnenstein-Bachstein, es gebe sowohl Mitarbeiter ohne Bekenntnis als auch mit anderen Bekenntnissen. Die Qualifikation sei das, was bei der Auswahl zähle. Die Haupttätigkeiten der Caritas-Mitarbeiter sind in drei Bereichen angesiedelt: 2.300 sind im Pflegebereich tätig, 800 arbeiten mit Menschen mit Behinderung, 800 weitere im Bereich Hilfe in der Not - sie arbeiten mit Obdachlosen, Asylsuchenden, machen Familienarbeit. Insgesamt hat die Caritas Wien um die 4.000 Mitarbeiter. 

Personalführung, etwas anders

Das Spezifikum an der Arbeit ist der Dienst vor Ort mit Menschen", so Binnenstein-Bachstein. Etwas, worum er sich im Unterschied zu anderen Geschäftsführern keine Sorgen machen muss, ist die Mitarbeitermotivation. Sie sind teilweise sehr stark christlich, oder sinnorientiert und/oder gesellschaftspolitisch motiviert und angetrieben durch das Produkt. Viele seien tendenziell übermotiviert vor allem im Obdachlosenbereich, was wiederum das Thema Burnout aufs Tapet bringe. Das Thema habe man aber im Griff: mit Coaching, Supervision und einer anonymen psychologischen Anlaufstelle.

Gewünschte Jobrotation

Zu hohe Fluktuation ist normalerweise kein gutes Zeichen für Unternehmen. Bei der Caritas sieht man das anders: "In bestimmten Bereichen ist Fluktuation sogar wichtig, ideal wären Jobbörsen um bewusst Versetzungen zu arrangieren", meinte Binnenstein-Bachstein. Das sei auch gut für Führungskräfte, denn so können Kompetenzen ausgeweitet und die psychosoziale Belastung in Grenzen gehalten werden.

Tabuthema Weiterbildung 

Aufgrund der so genannten "Innen-Not" sei Fortbildung und Personalentwicklung in Nonprofit-Unternehmen lange ein Tabu gewesen, weil man nicht so viel Geld dafür in die Hand nehmen wollte. Nun habe man aber erkannt, dass es eine Investition in die Qualifizierung des Personals sei. Darf es in einer Non-Profitorganisation überhaupt Visitkarten geben? Auch diese Frage sei schon diskutiert worden.

Freiwillige in der Personalstruktur

Die Personalstruktur bei der Caritas ist anders als bei Profitunternehmen: 80 Prozent der Angestellten sind Frauen und ohne die Zivildiener gebe es ein "riesiges Personalproblem". Die dritte Gruppe sind die rund 1.700 Ehrenamtlichen in Wien. "Da stellt sich die Frage: Sind Ehrenamtliche Personal?", so der Generalsekretär. Es wird verlangt, dass Ehrenamtliche eine Ausbildung haben. Ehrenamt sei immer ein Geben und Nehmen.

Die Personalführung bei der Caritas sei sehr dezentral organisiert, primär sei es die Aufgabe der Führungskräfte vor Ort, die die unterschiedlichen Einrichtungen führen. Dort sei das Thema der Steuerung von Haupt- versus Ehrenamtlichen ein massives: "Da kommen immer wieder Fragen wie: sollen Ehrenamtliche bei den Teamsitzungen dabei sein?" Rein arbeitsrechtlich werden Ehrenamtliche nicht dem Personal zugerechnet. Sind sie gut eingesetzt, sind sie für die Caritas aber sehr wichtig. Es gibt daher eine eigene Stelle für die Ehrenamtlichen, die aussiebt und eine eigene Tätigkeitsbeschreibung.

Tabuthema Kündigung

Zur Mitarbeiterführung gehört auch das Thema Kündigung und Entlassung - gerade im Sozialbereich ein Tabuthema. "Ihr müsst doch sozial sein, heißt es immer, aber wir brauchen natürlich auch qualifiziertes Personal", so Binnenstein-Bachstein. "Wir haben eine sehr strenge Fehlerkultur, schließlich sind unsere Mitarbeiter in einer Machtposition, zum Beispiel bei Menschen mit Behinderung. Bei Missbrauch oder Spendenhinterziehung wird sofort entlassen."

Werner Binnenstein-Bachsteins Resümee: "Die Kunst der Personalführung in der Caritas ist die Führung von Differenz. Manche Führungskräfte schaffen das nicht: manche sind zu inhaltsorientiert, manche vergessen hingegen auf gesellschaftspolitische Diskussionen." Eine Herausforderung eben, die richtige Balance zwischen Werten und wirtschaftlichem Denken zu finden. (Marietta Türk, derStandard.at, 28.9.2011)