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Kostet 50 Euro, spielt aber für die Verkehrssicherheit laut mehreren Studien keine Rolle: das Telefonat ohne Freisprechanlage.

Foto: APA/Bernd Weissbrod

Wien - Was der Hausverstand sagt, muss nicht immer stimmen - zumindest im Straßenverkehr. Denn manche Gesetze, die die Verkehrssicherheit erhöhen sollen, entbehren im Detail einer wissenschaftlichen Grundlage - wie das Telefonieren ohne Freisprechanlage.

Eigentlich klingt es logisch. Hat man nur eine Hand am Lenkrad, ist die Gefahr größer, einen Unfall zu haben. Tatsächlich gibt es eine Reihe an Studien, die zeigen, dass das keine Rolle für die Aufmerksamkeit des Fahrers hat. Denn das eigentliche Problem ist das Telefonieren an sich.

Am nationalen schwedischen Straßen- und Transportforschungsinstitut, dem Pendant des heimischen Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV), hat man im Jahr 2004 eine Studie durchgeführt. In einem Simulator mussten 46 Personen über eine Stunde lang in den verschiedensten Szenarien Autofahren. Das Ergebnis:Beide Varianten bergen dasselbe Risiko. Beeinträchtigt wird Reaktionszeit und Aufmerksamkeit durch Telefonieren an sich.

Zu dieser Erkenntnis kommt auch eine australische Studie:456 junge Autofahrer, die nach Unfällen ins Spital mussten, wurden einbezogen. Hatten sie innerhalb von zehn Minuten vor dem Crash telefoniert, war die Unfallgefahr viermal höher. Unterschiede zwischen Frei- und Handsprechen gab es keine. An der University of Illinois fabrizierte man eine Metastudie aus 23 anderen Untersuchungen - das Ergebnis blieb.

Einhändig fahren erlaubt

In Österreich wird dagegen sehr deutlich unterschieden. 50 Euro Strafe werden fällig, wenn man vom Gesetzeshüter mit der Hand am Ohr erwischt wird. Denn während der Paragraf 102 des Kraftfahrgesetzes vom Fahrer nur zumindest eine Hand auf dem Lenkrad fordert, ist die Benützung der Freisprecheinrichtung dezidiert vorgeschrieben. 128.221 Strafzettel wurden im Vorjahr deshalb geschrieben, mehr als sechs Millionen Euro nahm der Staat ein.

Warum es diesen Unterschied gibt, aber im Sinne der Verkehrssicherheit das ablenkende Plauschen am Mobiltelefon nicht generell verboten wird, lässt sich nicht beantworten.

"Es stimmt, dass das Multitasking generell ein Problem ist. Eine Studie, dass eine Freisprechanlage sicherer ist, ist mir aber nicht bekannt" , sagt Rainer Kolator vom KfV. Ein generelles Handyverbot fordert er nicht, aber:"Es ist sicher eine Frage, wie man damit umgeht." Seine Botschaft:Die Handynutzung sollte überhaupt hintangehalten werden, speziell im Stadtverkehr.

Ähnlich sieht es Andreas Achrainer vom ÖAMTC. Auch er kennt keine Untersuchung, dass das Handy in der Hand gefährlicher ist. Er hält die derzeitige Regelung trotzdem nicht für verkehrt. "Möglicherweise wird die Problematik des Telefonierens am Steuer so in den Köpfen der Autofahrer verankert" , mutmaßt er.

Susanna Enk, Sprecherin von Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ), sieht keinen Bedarf, für eine Reform:"Wir gehen davon aus, dass ein Handy in der Hand eine deutlich größere Ablenkung bedeutet als das Telefonieren mit einer Freisprecheinrichtung. An eine Änderung des Kraftfahrgesetzes ist derzeit nicht gedacht." (Michael Möseneder/DER STANDARD, Printausgabe, 17./18. 9. 2011)