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Kanzler Faymann und Staatssekretär Ostermayer.

Foto: APA/Gindl

Wien - Grünen-Abgeordnete Gabriela Moser hat aus ihrem Archiv eine Anfragebeantwortung aus dem Jahr 2007 hervorgekramt. Sie wundert sich über den Widerspruch zu den Dementis von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), der heute von Anweisungen zu Inseratenaufträgen nichts mehr wissen will. 2007, Faymann war Verkehrsminister, antwortete er auf die Frage zu Medienkooperationen der Asfinag, dass er sehr wohl in die Inseratenvergabe involviert war. "In beratenden Gesprächen zwischen meinem Büro und den Vorständen des Unternehmens sind wir übereingekommen, dass vor allem verständliche Sachinformationen Inhalt dieser Kommunikation sein sollen", heißt es darin.

Zuletzt hatte Faymann Aussagen, wonach er als Verkehrsminister staatsnahen Betrieben wie ÖBB oder Asfinag Weisungen gegeben habe, in bestimmten Medien zu inserieren, als "Unsinn" zurückgewiesen. Allerdings wird Faymann auf mehreren Rechnungen namentlich als derjenige ausgewiesen, in dessen Auftrag die Inserate geschaltet wurden.

ÖBB: Beschlüsse ohne Politikernamen

ÖBB-Chef Christian Kern wies am Freitag im ORF-Mittagsjournal Berichte zurück, wonach der Name Faymann in ÖBB-Vorstandsbeschlüssen im Zusammenhang mit Inseraten auftauche. Man habe den Sachverhalt geprüft und sei "zur Einschätzung gelangt, dass die Vorstandsbeschlüsse, die dann tatsächlich beschlossen worden sind, anders lauten, als sie in den Medien abgedruckt worden sind - nämlich keine Politikernamen beinhalten. "

Laut Medienberichten tauchte der Name Faymann auf einem Antrag an den ÖBB-Vorstand aus dem Jahr 2007 auf. Darin heißt es: "Herr Minister Faymann hat mit der Kronenzeitung eine mehrteilige Kooperation 'Unsere Bahn" im Jahr 2007' vereinbart." Das Auftragsvolumen betrug 500.000 Euro. Im ÖBB-Archiv ist dieser Antrag in anderer Form zu finden; und zwar ohne den Namen Faymann.

Namen nachträglich gestrichen

Ein ehemaliger ÖBB-Manager behauptet nun im "Kurier", er habe den Namen Faymann nachträglich aus einem ÖBB-Protokoll streichen müssen. Das Kanzleramt dementierte die Vorwürfe neuerlich.

Der "Kurier" berichtet, die in den Zeitungen abgedruckte Version sei richtig, und zitiert einen namentlich nicht genannten ÖBB-Manager, der an der Fertigung des Papiers beteiligt gewesen sei, und den Ablauf erklärt: "Es sind damals im Vorstand die Fetzen geflogen." "Der Name Faymann musste rausgenommen werden. Ein Vorstandsdirektor und ich haben den Antrag umschreiben müssen. Man hat gesagt, man wird das nachreichen."

"Kurier": Druck des Echo-Verlags

Der "Kurier" zitiert auch einen ehemaligen ÖBB-Manager, der behauptet, dass auch der Stadt-Wien-nahe Echo-Verlag "massiv Druck ausgeübt" habe. "Der Echo-Geschäftsführer hat am Ende jedes Monats angerufen und gesagt, in welchen seiner Medien es noch freie Inseratenplätze gibt und wie viel das für die ÖBB kostet." Über Jahre hinweg sei von Echo-Geschäftsführer Christian Pöttler unter Berufung auf Ostermayer Druck ausgeübt worden, Anzeigen schalten zu müssen. "Monatlich waren das 25.000 bis 30.000 Euro in den diversen Echo-Medien."

Ermittlungen

Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen Faymann und Medienstaatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ; damals Faymanns Kabinettchef) wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch und Untreue. Angezeigt wurden sie von FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky. Das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) sucht nach Beweisen und befragt Zeugen. Strafrechtsexperten beurteilen die Erfolgsaussichten skeptisch. Untreue könne höchstens der Vorstand begangen haben, wobei fraglich sei, ob Inserate in Zeitungen einen wissentlichen Befugnismissbrauch darstellten. Faymann könnten allenfalls Beteiligungstäterschaft und Anstiftung angelastet werden. (völ, ung, APA/red/DER STANDARD; Printausgabe, 17./18.9.2011)