Graz - "Graz, Stadt der Menschenrechte". Ein Titel nur zum Schein? Mit diesem Vorwurf sieht sich jetzt die schwarz-grün geführte Stadtregierung - zehn Jahre nachdem Graz in den Kreis der zwölf Menschenrechtsstädte aufgenommen worden ist - konfrontiert.

Wolfgang Benedek, langjähriger Vorsitzender des von der Stadt eingerichteten Menschenrechtsbeirates, beklagt, dass der Beirat, der die Politiker in Sachen Menschenrechte beraten soll, von der Stadtregierung kaum beachtet werde. Benedek im Gespräch mit dem Standard: "Normalerweise nimmt man an, wenn eine Stadt einen Beirat einrichtet, will sie auch beraten werden. Bei uns hat man aber das Gefühl, dass man eher eine Ruh' haben will. Die Politiker sind zufrieden, wenn es einmal im Jahr einen Menschenrechtsbericht gibt. Und ansonsten braucht man uns eh nicht."

Die Wertschätzung der Beiratsarbeit sei natürlich von Partei zu Partei unterschiedlich. Wolfgang Benedek: "Die FPÖ will ihn eher gleich abschaffen."

Es wäre naheliegend, dass die vor Ort im Beirat wirkenden Grazer Menschenrechtsexperten, aber auch die Forschungseinrichtung ETC an der Universität Graz "bei all den Problemen, wo es um das Zusammenleben in der Stadt geht, bei Fragen der Migration, Integration, bei Jugendproblemen, der Drogenproblematik, in der Fragen, wie der öffentliche Raum genutzt wird, beigezogen wird", argumentiert Benedek. Die Stadt trage den Titel zwar stolz vor sich her, tue aber zu wenig, um ihn auch mit Leben zu füllen.

Was konkret Universität und auch der Beirat beitragen können, soll am Montag an der Uni Graz (Meerscheinschlössl) in einem Workshop plus Diskussion mit Bürgermeister Siegfried Nagl erörtert werden. (mue/DER STANDARD, Printausgabe, 17./18. 9. 2011)