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Jordanische Sicherheitskräfte gaben Demonstranten keine Chance, zur israelischen Botschaft in Amman vorzudringen.

Foto: Reuters/Hamed

Denn die Idee will nicht verschwinden, dass Jordanien bereits "Palästina" ist.

Amman/Wien – Der israelische Botschafter in Jordanien, der wegen erwarteter Randale vor Israels Botschaft in Amman kurzfristig nach Hause beordert worden war, ist am Freitag wieder in die jordanische Hauptstadt zurückgekehrt – die schlechte Stimmung zwischen den beiden Ländern jedoch bleibt. In Amman waren am Donnerstag hunderte Demonstranten dem ägyptischen Beispiel gefolgt und hatten die Schließung der Botschaft und die Aufkündigung des Friedensvertrags zwischen den beiden Ländern gefordert.

Jordanische Sicherheitskräfte hatten jedoch, anders als die ägyptischen am Freitag vergangener Woche, bereits am Abend vor den angekündigten Demonstrationen die diplomatische Vertretung Israels komplett abgeriegelt. Die Proteste gingen von den jordanischen Muslimbrüdern aus. Die Islamisten sowohl in Jordanien als auch in Ägypten zeigten sich zwar von dem Teil der Rede des türkischen Premiers Recep Tayyip Erdogan in Kairo am Dienstag, in dem er ein Bekenntnis zur laizistischen Verfassung der Türkei abgelegt und den Arabern die Nachahmung empfohlen hatte, enttäuscht. Seine harte Israel-Linie hingegen wirkt inspirierend.

Dass dieselben Islamisten, die auch regelmäßig gegen die jordanische königliche Regierung demonstrieren, nun gegen Israel mobilisieren, heißt aber nicht, dass die Beziehungen zwischen dem König von Jordanien und Israels Führung gut wären. König Abdullah ließ vor einigen Tagen mit der Ansage aufhorchen, dass Jordanien zu den Waffen greifen werde, sollte es jemand in einen "Ersatzstaat" für Palästinenser verwandeln wollen. "Wir haben eine Armee, und wir sind bereit, für unser Heimatland zu kämpfen" , zitierte Haaretz den König.

Dass das haschemitische Königreich Jordanien, in dem seit geraumer Zeit die Palästinenser die Bevölkerungsmehrheit stellen, den Palästinensern als Staat dienen könnte – und sie deshalb keinen "zweiten" mehr brauchten -, ist eine alte Idee des israelischen Likud. Das ursprüngliche "Jordanien ist Palästina" -Konzept, das einen Sturz des haschemitischen Königtums beinhaltete, gilt aber durch den israelisch-palästinensischen Friedensprozess in den 1990er-Jahren und den israelisch-jordanischen Friedensschluss 1994 auch im Likud – nicht jedoch in weiter rechts stehenden Kreisen – als obsolet. Es gibt aber immer wieder Statements in diese Richtung, zuletzt vonseiten des Likud-Politikers Uzi Dayan, der in einer Diskussion die Variante proponierte, dass der Gazastreifen und das Westjordanland – oder wohl eher, was der israelische Gebietsanspruch davon übrig lässt – an das haschemitische Königreich angeschlossen werden könnten.

Historisch absurd ist das nicht, stellte doch König Hussein, der Vater von Abdullah, bis 1988 den Anspruch auf das Westjordanland. Aber all das ist ebenfalls längst von der jordanischen "Jordanien zuerst" -Politik abgelöst worden. Eine Integration der Palästinensergebiete in den Staat würde die "echten" Jordanier, wie sie sich selbst sehen, auf einen Schlag zu einer kleinen Minderheit in Jordanien machen.

Die sensible Reaktion des Königs spiegelt die jordanisch-palästinensischen Spannungen in Jordanien wider, die auch in einem kürzlich von Wikileaks veröffentlichen brisanten US-Botschaftsbericht aus Amman thematisiert wurden: Ein wichtiger politischer Berater des verstorbenen König Hussein, Adnan Abu Odeh, hatte mit US-Diplomaten über die politischen Frustrationen der Palästinenser in Jordanien gesprochen. Die Spaltung der jordanischen Bevölkerung – in der die Palästinenser das moderne Unternehmertum und die Jordanier die konservative Politik verkörpern – macht Reformen in Jordanien besonders schwierig: Was den einen gefällt, missfällt den anderen. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 17.9.2011)