Wien - Warum enthielt sich just die Vorsitzende des Stiftungsrats der Stimme, als das höchste ORF-Gremium Donnerstag die neuen Landesdirektoren wählte? Womöglich, weil Brigitte Kulovits-Rupp selbst Ambitionen auf das Landesstudio in Eisenstadt hatte, Wrabetz aber neuerlich Karl-heinz Papst vorschlug? Kulovits-Rupp erklärt ihre Enthaltung im STANDARD-Gespräch anders.
"Ich habe erhebliche Zweifel am Geschick eines Kandidaten in der Personalführung", erklärt die Stiftungsrätin. Zweifeln lasse sie "der Umgang mit der Genehmigung von Nebenbeschäftigungen von leitenden Mitarbeitern mit Programmverantwortung".
Die Vermutung liegt nahe, dass Kulovits-Rupp als Chefin der Öffentlichkeitsarbeit in der Arbeiterkammer Burgenland vor allem Burgenland heute aufmerksam verfolgt. Den Anlassfall will sie nicht nennen, betont aber: "Ich bin draufgekommen, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt."
Die Stiftungsratschefin: "Es könnte kein Verdacht den ORF schlimmer treffen als jener, dass private Moderationsjobs von leitenden Mitarbeitern mit der Berichterstattung im ORF verquickt werden. Da kann man nicht sensibel genug sein."
Der ORF kommentiert das Stimmverhalten von Stiftungsräten und deren Begründungen naturgemäß nicht. ORF-Sprecher Martin Biedermann erklärte, es habe vereinzelt Kritik an einzelnen Kandidaten im Vorfeld gegeben, die auch zu den vier Enthaltungen bei 31 Pro-Stimmen geführt hätten. Wrabetz habe seinen Vorschlag zur Bestellung der Direktoren und Landesdirektoren "wohl überlegt und geprüft und steht selbstverständlich dazu".
Technikdirektor Michael Götzhaber weist im Gespräch mit dem STANDARD den problematischen Eindruck einer anderen Verquickung zurück: Er wählte als Stiftungsrat des Zentralbetriebsrats im August Wrabetz zum ORF-General, Donnerstag ließ er sich von Wrabetz zum Technikdirektor vorschlagen und wählen. Problematische Optik liege stets im Auge des Betrachters, er habe Wrabetz als besten Kandidaten gewählt.
Ex-VP-Manager Helmut Krieghofer, ebenfalls als Stiftungsrat Wrabetz-Wähler und nun auf dessen Vorschlag zum Tiroler Landesdirektor Gewählter, wollte Freitag kein Interview geben. (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 17./18.9.2011)