Riga - Die Letten haben am Samstag ein neues Parlament gewählt. Bei der vorgezogenen Abstimmung muss sich Ministerpräsident Valdis Dombrovskis vor allem auf Konkurrenz der Partei Harmonie-Zentrum gefasst machen, die in der Regel vor allem von der großen russischen Minderheit unterstützt wird. Die Partei hat sich in der ehemaligen Sowjetrepublik als die einzige Mitte-Links-Gruppierung positioniert, die nach den rigiden Sparmaßnahmen die Sozialausgaben wieder steigern und den Eintritt des Landes in die von Schulden geplagte Euro-Zone verschieben will. Die Wahllokale sollten um 22.00 Uhr Ortszeit (21.00 MESZ) schließen.

Für die vorgezogene Wahl hatten sich die Letten im Juli in einer Volksbefragung ausgesprochen. Zu dem Referendum hatte Ex-Präsident Valdis Zatlers unter dem Eindruck einer weitreichenden Korruptionsaffäre aufgerufen. Das Parlament hatte sich zuvor geweigert, in der Affäre die Immunität eines Abgeordneten und einflussreichen Geschäftsmanns aufzuheben. Zatlers wurde inzwischen als Präsident abgewählt und gründete eine eigene Partei.

Diese könnten Experten zufolge mit der Mitte-Rechts-Partei "Einheit" des amtierenden Ministerpräsidenten Dombrovskis den Kern einer neuen Regierung bilden. Doch die meisten Stimmen dürfte Umfragen zufolge Harmonie-Zentrum auf sich vereinen. Ob diese Wählergunst erstmals seit der Unabhängigkeit des Landes 1991 in eine Regierungsbeteiligung mündet, ist allerdings fraglich. Neben Differenzen über die Wirtschaftspolitik mit potenziellen Koalitionspartnern hat die Partei mit dem Misstrauen vieler Letten zu kämpfen: Sie fürchten, dass die Gruppierung mit Verbindungen zu der Partei des russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin Lettland stärker in den Einflussbereich des großen Nachbarn bringen wird.  (Reuters)