Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski hat Deutschland vor dreieinhalb Jahren als "trojanisches Pferd" Russlands in Europa bezeichnet. Das geht aus einer Depesche der US-Botschaft in Warschau vom 23. April 2008 hervor, die von der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlicht und die am Samstag erstmals die polnische Zeitung "Gazeta Wyborcza" aufgegriffen wurde.

Gespräch mit US-Außenministerium

Die Depesche entstand nach einem Gespräch Sikorskis mit der US-Außenamtsvertreterin Paula Dobriansky. Bei der Unterredung ging es unter anderem um den NATO-Gipfel in Bukarest, auf dem die Ukraine und Georgien trotz Fürsprache Polens und der USA keine konkrete Beitrittsperspektive erhielten. Deutschland gehörte damals zu den Gegnern einer Öffnung des Bündnisses.

Deal mit Russland

Polen sei nach seinem Nato-Beitritt 2004 beschuldigt worden, ein trojanisches Pferd der USA zu sein, es gebe aber "ein anderes trojanisches Pferd in der NATO", soll Sikorski laut Wikileaks gesagt haben. Er führte weiter aus, Deutschland scheine einen Deal mit Russland zu haben. "Sie (die Deutschen) spielen zusammen mit Russland und als Gegenleistung verdienen deutsche Firmen dort Hunderte Milliarden Euro, ein schöner Deal", zitierten US-Diplomaten den polnischen Außenminister.

Äußerungen überraschend

"Gazeta Wyborcza" bezeichnete die Äußerungen Sikorskis als überraschend. Der Außenminister hat nach dem Amtsantritt der Regierung von Donald Tusk im November 2007 das Verhältnis zu Berlin entschärft. Zurzeit gelten die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen als vorbildlich. Sikorski hatte aber bereits 2006 für einen Eklat gesorgt, als er die russisch-deutsche Ostsee-Pipeline mit dem Pakt Hitlers und Stalins von 1939 verglich. (APA/dpa)