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Berlusconi in der vergangenen Woche im Parlament.
Es wird eng für den Cavaliere. Silvio Berlusconis Haremsgeschichten füllen Italiens Zeitungen und bringen den Premier in wachsende Bedrängnis. Rücktrittsaufforderungen lehnt er kategorisch ab: "Ich habe nur getan, was alle tun."
Zur üblichen Praxis gehörten Escortgirls, die mit Staatsmaschinen in Villen des Premiers geflogen werden, TV-Auftritte als Gegenleistung für Sex, öffentliche Millionenaufträge für den zwielichtigen Unternehmer, der dem 75-Jährigen immer neue Mädchen besorgt. "Letzte Nacht standen sie vor meinem Schlafzimmer Schlange", schwärmt Berlusconi in einem abgehörten Telefonat. "Es waren elf, aber ich habe nur acht geschafft. Dennoch war ich stolz auf meine Leistung."
Ein Teil der Abhörprotokolle wurde von den Staatsanwälten geschwärzt: obszöne Zitate, in denen Berlusconi detailliert auf die körperlichen Vorzüge der Mädchen eingeht. "Du bringst zwei und ich bring zwei", schlägt er Gianpaolo Tarantini vor. "Dann tauschen wir. Die Mösen müssen rotieren." Dem karibischen Model Marysthell Polanco gewährt er zudem Einblick in sein Berufsethos. "In meiner Freizeit amtiere ich auch als Premier."
Indes ist der Direktor des staatlichen Rüstungskonzerns Finmeccanica, der in der Korruptionsskandal verwickelt ist, zurückgetreten. Auch der Verantwortliche der Tochtergesellschaft SSI, dem Tarantini Prostituierte vermittelte, hat sein Amt zurückgelegt. Offiziell stärkt die Regierungspartei PDL dem Premier wortreich den Rücken. Doch die Zahl jener, die das Schicksal der Partei von dem ihres allmächtigen Gründers abkoppeln wollen, wächst. Der Christdemokrat Pier Ferdinando Casini besteht auf der Bildung einer Regierung der nationalen Einheit - ohne Berlusconi. Nur der Vatikan, der den Abgang des Premiers durch deutliche Worte fördern könnte, schweigt beharrlich. (Gerhard Mumelter aus Rom, STANDARD-Printausgabe, 19.9.2011)