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Europameister! Serbiens Ivan Miljovic (r.) and Nikola Kovacevic (l.) bejubeln einen Punkt im Finale in der Wiener Stadthalle
Wien - Serbien ist zum zweiten Mal nach 2001 Volleyball-Europameister der Herren. Der WM-Dritte des Vorjahres setzte sich am Sonntag in der mit 9.750 Zuschauern ausverkauften Wiener Stadthalle gegen Italien im EuroVolley-Finale 3:1 (-17,20,23,24) durch, blieb somit das einzige im Turnier ungeschlagene Team. Vor zehn Jahren bei der EM in Ostrava hatte sich die Auswahl des Olympiasiegers 2000 noch als Jugoslawien durchgesetzt, hält nun auf EM-Ebene bei insgesamt zwei Gold-, einer Silber- und sechs Bronze-Medaillen.
Es dauerte aber, bis die am Vortag im Semifinale gegen Russland nach Abwehr von vier Matchbällen 3:2 siegreich gebliebenen Serben das hartumkämpfte, hochklassige Endspiel in den Griff bekamen. Die Italiener dominierten Satz eins klar, mit einer im Kollektiv hervorragenden Leistung ließen sie die Stars der Serben nicht zur Geltung kommen. Deren Haupt-Punktelieferanten Ivan Miljkovic, Nikola Kovacevic und Dragan Stankovic machten aus 23 Angriffen nur neun Punkte.
Im klar gewonnenen zweiten Satz aber legten die Serben viel mehr Druck in ihr Spiel, so kam den Italienern ihre zu Beginn gezeigte Präzision abhanden. Miljkovic durchbrach den italienischen Block nun viel besser, der seit Dienstag 32-jährige Kapitän fungierte wieder als Antreiber seiner Truppe. In seinen fünf EM-Partien - beim 3:0 am Montag gegen Österreich war er geschont worden - markierte der 2,06-m-Mann von Fenerbahce Istanbul klar mehr als 100 Punkte bzw. im Schnitt mehr als 20 Zähler pro Match.
Die Vorentscheidung spielte sich am Ende von Satz drei ab. Nachdem die Italiener nach fast ständigem Rückstand unter Führung des in dieser Phase überragenden Kapitäns Cristian Savani zum 23:23 ausgeglichen hatten, brachte eine umstrittene Referee-Entscheidung den Serben den Satzball. Diesen verwertete Diagonalangreifer Milos Terzic beim Service durch einen unannehmbaren "Netztröpfler". In Durchgang vier lag Italien einige Zeit komfortabel in Front, erneut Terzic mit einem Ass sicherte Serbien aber den Titel.
Die Serben etablierten sich mit diesem Erfolg wie bei der Italien-WM 2010 als bestes europäisches Team, gemeinsam mit den Italienern vertreten sie Europa Ende November beim Weltcup in Japan. Da es zwei Wildcards gibt, dürfen auch die unterlegenen Semifinalisten Polen und Russland hoffen. Die Top Drei des Weltcups lösen Olympia-Tickets. Für Italien (bei EM 6/3/2) war es das erste Finale bei einem Großereignis seit EM-Gold 2005, der Titelkampf für die "Azzurri" trotz der Endspiel-Niederlage daher ein Erfolg.
Im Spiel um Platz drei hatte sich am Nachmittag Titelverteidiger Polen gegen Russland 3:1 (23,-18,21,19) durchgesetzt. Den Russen blieb damit wie 2009 in der Türkei nur Platz vier. "Wir haben mit Herz und für die Fahne gekämpft", meinte der italienische Polen-Coach Andrea Anastasi, 1999 in Wien EM-Gold-Trainer Italiens. "Unser Herz war heute sehr groß." Der russische Trainer Wladimir Alekno sprach von einer verdienten Niederlage: "Im Semifinale hatten wir kein Glück, heute aber haben wir als Team verloren." (APA)
Stimmen:
Igor Kolakovic (Teamchef Serbien): "Niemand hat an unseren Erfolg geglaubt, auch nicht in der Heimat. Auch wir haben uns nicht als Favorit gesehen, wir wollten nur zumindest Platz sechs und die Qualifikation für die nächste EM. Aber wir haben jedes Spiel mit Herz gespielt, speziell im Semifinale gegen Russland. Da waren wir perfekt in der Verteidigung, es war unser schwierigstes Spiel. Das ist mein erstes großes Gold als Coach, das macht es besonders."
Mauro Berruto (Teamchef Italien): "Ein bisschen traurig werden wir für einige Stunden sein, aber die Finalteilnahme ist für uns ein großer Erfolg. Jetzt sind wir beim Weltcup und haben eine Chance mehr für Olympia. Im ersten Satz haben wir unser Potenzial abgerufen. Danach war es auch ein bisschen wie bei Woody Allen, als der Ball beim Satzball im dritten Satz auf der Netzkante getanzt und dann runtergefallen ist. Doch wir sind auf einem guten Weg zu früheren Erfolgen, wir brauchen nur Zeit und viele solcher Spiele."
Ivan Miljkovic (Kapitän Serbien): "Das ist unser erstes Gold seit zehn Jahren. Wir haben vielleicht nicht die besten Einzelspieler der Welt, aber das größte Herz. Wir haben Spiel für Spiel, Punkt für Punkt gespielt. Unser erstes Spiel war das schwierigste, dann ging es viel besser. Ich habe schon viele Medaillen gewonnen, aber hier war ich das erste Mal Kapitän. Daher war es besonders. Wir hatten nicht einmal ans Final Four gedacht, aber Wunder passieren. Wir haben etwas geschaffen, was hoffentlich lange hält."
Nikola Rosic (Libero Serbien): "Ich bin überglücklich. Am Ende war unser Ziel eine Medaille, aber Gold ist sensationell. Gestern war das schwierigste Match. Wir hatten heute weniger Kraft, aber wir wussten, dass wir bis zum Ende kämpfen müssen."