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Ein zentraler Grund, warum die Eurozone die Schuldenkrise nicht in den Griff bekommt, ist ihre Uneinigkeit in einer entscheidenden Frage: Tun die Griechen alles in ihrer Macht, um seine Finanzen zu ordnen, und verdienen deshalb weitere Hilfe?

Oder ist das Land wieder in seinen alten Schlendrian zurückgefallen und versucht, ohne ernsthafte Reformen die Krise auf Kosten seiner Europartner zu überstehen?

Ist Griechenland heute Opfer oder Täter der Eurokrise?

Das ist eine moralische, eine brisant politische und eine ökonomisch strategische Frage, und von ihrer Beantwortung hängt es ab, ob Griechenland gerettet wird oder Pleite geht – mit allen damit verbundenen Folgen.

Moralisch: Was kann man alles von einem Land verlangen, das früher Mist ganz viel gebaut hat und sich jetzt gehörig anstrengt? Reichen die Anstrengungen aus, oder muss man auch Resultate sehen? Was, wenn die versprochenen Ergebnisse einfach nicht möglich sein, weil etwa der bisherige brutale Sparkurs zu einer katastrophalen Rezession geführt hat, die Steuereinnahmen schrumpfen und Ausgaben steigen lässt?

Die Frage geht weiter: Wie soll man die heroischen Anstrengungen der Regierung Papandreou beurteilen, wenn er an innenpolitischen Widerständen scheitert – an den militanten Gewerkschaften, an streikenden Taxifahrern und der verantwortungslosen konservativen Opposition?

Oder auch nur am passiven Widerstand der Bürger, die weiterhin nicht daran denken, mehr Steuern zu bezahlen? Sie tun das sogar mit wenig schlechtem Gewissen, denn sie empfinden sich ohnehin schon - zurecht - als Opfer der Krise.

Gibt es gute Noten fürs Bemühen oder nur fürs Ergebnis? Jeder Lehrer kennt dieses Dilemma, auch Eltern sind damit vertraut. Die Beantwortung dieser Frage kann über die Zukunft des Euro entscheiden.

Denn vor allem in Deutschland lässt sich die Hilfe für Griechenland politisch nur durchsetzen, wenn die Menschen das Gefühl haben, dass die Griechen ihren Beitrag leisten. Und weil Medien und Meinungsmacher diesem Eindruck immer öfter entgegenwirken, schwanken das gesamte Hilfspaket und damit auch die Strategie der Eurozone.  Dann muss Griechenland pleitegehen, mit unabsehbaren Folgen.

Auch wenn alle objektiven Faktoren für die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms sprechen, kann man den Deutschen (und auch Österreichern) die Skepsis nicht verübeln.

Denn hinter der Skepsis steht ein Grundprinzip der Ökonomie: Hilfe darf nie zu Moral Hazard führen, also zu einer Situation, in der der Geholfene dazu verleitet wird, unverantwortlich zu handeln. Denn dann fügt die Hilfe mehr Schaden zu als sie hilft. Das weiß jede Versicherung, weshalb sie Selbstbehalte verrechnet und Schadenersatz nur leistet, wenn alle Auflagen erfüllt worden sind.

Moral Hazard in Bezug auf die Banken war eine der Wurzeln der Finanzkrise und richtet auch bei der Entwicklungshilfe katastrophalen Schaden an. Aber wie man Moral Hazard vermeidet, dafür fehlen meist klare Rezepte.

Man kann sich nur wünschen, dass es dem griechischen Premier Georgios Papandreou diese Woche gelingt, die Zweifel an seiner Entschlossenheit zu zerstreuen und auch die Gegner des Sparkurses ein wenig nachlassen. Es geht bei der Beurteilung durch EU-Kommission, EZB und IWF um konkrete Taten, aber auch um Symbolik und Optik.

Nur wenn sich in Nordeuropa das Bild eines armen, aber tapferen Volkes durchsetzt, kann die Eurozone die Griechenlandkrise mit den eingeschlagenen Mitteln meistern.