Josef Kalina: "Alle Medien, die ich kenne, trennen Redaktion und Anzeigenabteilung streng."

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"Die Staatsanwaltschaft wird ihre Ermittlungen in zwei, drei Wochen einstellen. Ende der Durchsage", sagt Josef Kalina, ehemaliger SPÖ-Bundesgeschäftsführer und SP-Sprecher auf die Frage, ob er von Werner Faymanns Inseraten, die mutmaßlich via die ÖBB gelaufen sind, etwas mitbekomme hat. Im derStandard.at-Interview sprach er außerdem über seine journalistischen Erfahrungen bei der Kronen Zeitungen, Käuflichkeit von Medien und über famililiäre Bande zwischen Politik und Journalismus.

derStandard.at: Sie waren Sprecher von Viktor Klima, später SPÖ-Bundesgeschäftsführer unter Alfred Gusenbauer. Dazwischen waren Sie unter anderem als Chronik-Journalist für die Krone tätig. Glauben Sie, die SPÖ hat zur Kronen Zeitung eine bessere Beziehung als andere Parteien, zum Beispiel die ÖVP?

Kalina: Nein, das glaube ich gar nicht. Ich kenne die Kronen Zeitung. Sie hat zu keiner Partei ein besonderes Nahverhältnis.

derStandard.at: In Sachen Wehrpflicht kann man erkennen, dass die SPÖ und die Krone auf einer Linie sind. Was glauben Sie, wer ist in dieser Sache die tonangebende Kraft. Die Kronen Zeitung oder die SPÖ?

Kalina: Bei den Vermögenssteuern sind SPÖ und Krone nicht auf einer Linie. Bei einzelnen Themen der Kronen Zeitung gibt es immer wieder Bündnispartner. Über Jahre hat man zum Beispiel gesagt, in der Frage der Zuwanderung macht die Kronen Zeitung die Politik Jörg Haiders oder Jörg Haider die Politik der Kronen Zeitung. In Fragen Naturschutz, Umwelt haben sich einst Grüne mit der Kronen Zeitung verbündet. Man kann diese Bündnisse nicht auf eine Partei reduzieren. Die Krone hat ein Gespür für breite, attraktive Themen. Bei der Wehrpflichtdebatte ist die Initiative von der SPÖ ausgegangen, weil man ein Thema gesucht hat, das junge Leute interessiert.

derStandard.at: Kanzler Werner Faymann soll in seiner Amtszeit als Verkehrsminister bei der ÖBB Inserate um 500.000 Euro für die Kronen Zeitung angewiesen haben. Sie waren zu dieser Zeit SPÖ-Bundesgeschäftsführer. Haben Sie damals etwas davon mitbekommen?

Kalina: Es findet gerade eine interessante und beängstigende Debatte statt. Wir stehen vor der Aufdeckung eines sehr großen Korruptionsnetzwerkes rund um Strasser, Grasser, Scheibner, Gorbach, Mensdorff-Pouilly. Das ist einen Topf zu werfen mit dieser gekünstelten, lächerlichen Debatte halte ich für kontraproduktiv. Ich bin viele Jahre in diesem Geschäft tätig. Alle Minister schalten Inserate. Man kann darüber grundsätzlich diskutieren, ob das legitim ist.

derStandard.at: Es geht hier nicht um die Frage, ob Minister Inserate schalten dürfen, sondern ob Faymann bei den ÖBB interveniert hat.

Kalina: Das alles ist völlig überzogen und konstruiert. Man versucht von einem der größten Korruptionsskandale der Zweiten Republik abzulenken. Die Staatsanwaltschaft wird ihre Ermittlungen in zwei, drei Wochen einstellen. Ende der Durchsage.

derStandard.at: Glauben Sie, dass man mit Inseraten das Wohlwollen bestimmter Medien erkaufen kann?

Kalina: Das glaube ich nicht. Diese Erwartungen sind völlig unrealistisch und diese Idee widerspricht allen Erfahrungen, die ich in und mit Medien gemacht habe. Alle Medien, die ich kenne, trennen Redaktion und Anzeigenabteilung streng.

derStandard.at: Sie haben einmal für die Kronen Zeitung geschrieben. Werden dort Redaktion und Anzeigenabteilung streng getrennt?

Kalina: Ja, ich habe dort selbst gearbeitet und kann mich nicht an eine Vermischung zwischen Anzeigenabteilung und Redaktion erinnern.

derStandard.at: Sie sind der Welt auch als umtriebiger Sprecher von Viktor Klima in Erinnerung geblieben. Die Opposition ätzte damals ob seiner starken Präsenz im ORF von "Klima-Festspielen". Wie haben Sie es geschafft, Klima damals so präsent zu halten?

Kalina: Es geht darum, dass man den Journalisten Geschichten anbietet, die die Leute begreifen und in bildhafter Sprache näherbringt. Man erreicht die Menschen nur dann, wenn man sie gemäß ihre Lebensinteressen anspricht. Ich habe mit Journalisten aller Medien telefoniert und ihnen auf ihre Medien zugeschnittene Inhalte angeboten.

derStandard.at: Wurde auf Sie von einzelnen Medien finanzieller Druck ausgeübt? Inserate gegen gute Berichterstattung?

Kalina: Ich habe derartige Dinge nie erlebt. Es hat mir nie irgendjemand ein Angebot gemacht, von dem ich das Gefühl gehabt hatte, ich kann es nicht vertreten. Meine Erfahrungen sind ganz anders. Es so darzustellen, als wären alle Journalisten, Politiker und Medienleute käuflich, halte ich fatal für die Demokratie. Dass mir als Kanzlersprecher jemand mit schlechter Berichterstattung gedroht hätte, wenn wir nicht inserieren, hat im Land der Fantasie stattgefunden.

derStandard.at: Zwischen Medien und Politik gibt es zahlreiche familiäre Bande. Claus Pandi von der Kronen Zeitung ist mit Angelika Feigl, sie arbeitet in Faymanns Kommunikationsabteilung, verheiratet. Beeinflussen solche Verbindungen die politische Arbeit oder die Berichterstattung?

Kalina: Das glaube ich nicht. Das ist eben eine Branche, wo man einander trifft. Ich würde aus einzelnen Beziehungen zwischen Journalisten und Politikberatern kein Drama machen. Wolfgang Schüssels ehemalige Sprecherin Heidi Glück ist zum Beispiel mit Radiochef Luis Glück verheirat, das ist auch kein Problem.

derStandard.at: Eine andere Frage, die Sie in Ihrer Tätigkeit als Kommunikationsberater betrifft. Vizekanzler Spindelegger will, dass Berater-Honorare des Staats öffentlich gemacht werden und und nur mehr zulässig sind, wenn es dafür eine klar erkennbare Leistung gibt. Provisionen und Mittelsmänner soll es bei staatlichen Geschäften nicht mehr geben. Eine gute Idee?

Kalina: Die Forderung, dass es Beraterhonorare nur bei einer klar erkennbaren Leistung geben soll, ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Es müssen die aktuellen Skandale aufgeklärt werden. Wenn sich herausstellt, es ist ein System der Halblegalität geschaffen worden, dann gehört das abgestellt. Aber man soll auch aufpassen, dass die Wirtschaft weiter arbeiten kann. Manchmal müssen auch der Bund oder staatsnahe Betriebe für bestimmte Dienstleistungen marktübliche Preise zahlen. (burg, derStandard.at, 19. September 2011)