Die Börsen gehen einmal mehr auf Tauchstation, der Frust vieler Anleger über die Stagnation im Kampf gegen die Schuldenkrise hat die Risikoaufschläge für die Staatsanleihen einiger Euro-Staaten erneut in die Höhe getrieben. "Es gab die Erwartung, dass die EU irgendwelche neuen Maßnahmen zur Stabilisierung der Peripherie bekanntgeben und damit den Druck lindern würde", stellt ein Finanzmarktexperte frustriert fest: "Aber sie haben absolut nichts getan." Das einzige Ergebnis des Finanzministertreffens war gewissermaßen der Dissens zwischen Europa und den USA. Ein überzeugender Fahrplan zur Überwindung der Staatsschuldenkrise ist immer noch nicht gefunden.
Nach dem unterkühlten Treffen der EU-Finanzminister mit ihrem US-Kollegen Timothy Geithner am Wochenende, wollen Vertreter von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds nun in einer Telefonkonferenz mit dem griechischen Finanzminister Evangelos Venizelos darüber beraten, ob Griechenland weitere Hilfen aus dem Rettungspaket erhalten kann. An den Märkten wird zunehmend die Zahlungsunfähigkeit von Griechenland befürchtet. Aus der angedrohten Herabstufung der Kreditwürdigkeit Italiens ist Realität geworden.
Deutschlands Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat Griechenland am Wochenende davor gewarnt, die Drohung mit dem Zahlungsstopp nicht ernst zu nehmen. "Die Mitgliedschaft in einer Währungsunion ist Chance aber auch schwere Bürde", so Schäuble. Die Anpassungsmaßnahmen seien sehr hart. "Die Griechen müssen wissen, ob sie diese Last auf ihren Schultern tragen wollen."
Schäubles Denkanstoß ist schön und gut und richtig. Noch besser wäre es aber, wenn die Mitglieder der Währungsunion diesen Weg der Erkenntnis zunächst selbst einmal beschreiten würden. Auch wenn sich die Union auf eine Verschärfung ihrer Haushaltsregeln geeinigt hat, ein gemeinsames Finanzministerium fehlt. Ohne den politischen Willen, ein solches einzurichten, ist auch eine Lösung der Krise nicht abzusehen. Schwer unter Druck hinken die Verantwortlichen immer einen Schritt hinterher. Die Gesetzgebung für die Verschärfung des Euro-Stabilitätspaktes dauerte ein Jahr lang, sie war von einem harten Ringen zwischen Europaparlament und dem Ministerrat geprägt. Getan wird, was absolut notwendig ist, um den Crash zu verhindern. Das wiederum empfinden die Finanzmärkte als unzureichend. So ist Europa zu einer Krise ohne Ende verdammt. (derStandard.at, 19.9.2011)