Seit fast drei Jahrzehnten verfüge ich über einen Festnetzanschluss und bin treuer Kunde der Telekom Austria. Ich habe mich schon immer gewundert, wieso die Grundgebühr stets höher als der Gesprächstarif war. Denn während auf der Rechnung penibel verzeichnet ist, wie viele Sekunden ich in welcher Tarifzone telefoniert habe, war das Who's who der österreichischen Korruptionsszene nicht aufgelistet, obwohl ich diese offensichtlich durchgefüttert habe.

So bezahlte ich mit meiner Rechnung so ehrenwerte Figuren wie die Waffenhändler Mensdorff-Pouilly und Schlaff. Via Hochegger finanzierte ich Parteien, die ich nicht einmal im Vollrausch wählen würde. Weiters ermöglichte ich zahlreichen Telekom-Managern Boni von fast zehn Millionen Euro, die sie durch Manipulation von Aktienkursen ergaunerten. Der ehemalige IV-Sekretär und jetzige ÖIAG-Chef Beyrer ging auf meine Kosten jagen. Gemeinsam mit ihm waren auch viele andere dabei, die sich das Tiereabknallen leicht aus der eigenen Tasche hätten finanzieren können. Und offenbar schmierte ich auch ehemalige Minister. All das dürfte wohl nur die Spitze eines Eisberges sein.

Dass die Telefonliberalisierung eine Erfolgsgeschichte ist, trifft für die Genannten zweifelsfrei zu. Ich hingegen will jetzt mein Geld zurück, denn offenbar war meine Telefonrechnung weit überhöht! Ich will mit meinem Geld lieber gesellschaftlich nützliche Projekte sowie anständige Menschen finanzieren; z. B. meine Kinder. Die gehen in eine Volksschule , in der diesen Herbst überfallsartig zwei Vollzeitstellen gestrichen wurden. Dieser Bildungskahlschlag ist in ganz Wien zu beobachten. Der ländliche Raum wiederum verödet, weil Postämter, Polizeistationen und Regionalbahnen zugesperrt wurden und werden. Österreichs Gemeinden sind praktisch pleite. Die Arbeitnehmer/-innen erleiden seit Jahren Reallohneinbußen, Geld fehlt an allen Enden und Ecken. Jetzt wissen wir immerhin, wer es eingesteckt hat ... (Heinz Högelsberger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.9.2011)