Die Götterdämmerung, die schon vor dem Aufbrechen des Telekom-Skandals auch den langmütigeren Mitbürgern zu dämmern begann, ist im Begriff, in eine allgemeine Dämonenaustreibung umzuschlagen. Wenn es hart auf hart geht, lässt sich auch der mildeste Parteiexorzist von dem Inkubus nicht mehr täuschen, der aus Wolfgang Schüssel bis zuletzt ein absolut reines Gewissen und reines Herz meldete, weil er sich doch "an die gegenständlichen Fälle nicht erinnern" kann - der Erfinder von Schwarz-Blau, egal, Orange war nur noch abzuwerfender Ballast. Und es ist nicht abzusehen, wie viele es noch treffen wird. Erschütternd der Absturz seines einstigen Mitarchitekten, der sich in "News" von Aufdecker Kurt Kuch sagen lassen musste: Khol, für mich bisher ein Fixstern am heimischen Polit-Himmel und Inbegriff eines souveränen Wertkonservativen, ortete zudem in tiefstem Rabauken-Vokabular eine ominöse "Jagdgesellschaft", die die schwarz-blaue Koalition "bis ins Grab" verfolge.

Das tiefste Rabauken-Vokabular des souveränen Wertkonservativen ist anderen schon vor Jahren bei Gelegenheit seiner Bewertung des politischen Gegners als "rote Gfrieser" aufgefallen, und in seine Rolle als Fixstern am heimischen Polit-Himmel - kann man wirklich von einem solchen sprechen? - möchte er wohl selber nicht zurückfallen, wenn ihn die Erinnerung quält, wie er die Sternschnuppe eines Nulldefizit-Finanzministers vom Präsidentenpult des Nationalrates herunter für eine verlogene Budgetrede pries. Heute würde er ihn vermutlich lieber "bis ins Grab" verfolgen. Oder wenigstens bis nach Capri.

Noch schwerer hat man es beim einstigen Koalitionspartner, wo es von Dämonen und Dämonerln unterschiedlicher Ränge nur so wimmelt. Die Mölzers, Vater und Sohn, haben in "Zur Zeit" alle Hände voll mit ihrer Austreibung zu tun, wobei die Expertise, an der es mangelt, leider auch noch viel zu spät kommt. Es gelte, sich doch die Frage zu stellen, warum sich im Umfeld Jörg Haiders bis hin zur Regierungsbeteiligung der Jahre 2000 bis 2006 so viele halbseidene Persönlichkeiten sammelten, denen die eigene Karriere offenbar nicht zuletzt auch Bereicherung bedeutete. Diese Frage ein paar Jahre früher gestellt, und die FPÖ könnte heute noch in jenem reinen nationalfreiheitlichen Geist erstrahlen, der sie vor Jörg Haiders Auf- und Sonnenuntergang erleuchtete. Nur leider: Wie schnell dann diese, bzw. große Teile von deren Spitzenmannschaft, die unmittelbar durch Haider installiert waren, korrumpierbar werden sollten, ahnte der Autor dieser Zeilen - es war Andreas, der Vater - allerdings auch nicht. Ein Chefideologe der FPÖ, der seine Parteigenossen so schlecht kennt, sollte sich das Lehrgeld zurückgeben lassen, wenn möglich nicht von Hochegger, ehe er öffentlich die Frage stellt: Warum sammelten sich im Windschatten Jörg Haiders so viele Gauner?

Mölzer, der Sohn, suchte ein paar Seiten weiter vorn nach den Ursachen der väterlichen Bewusstseinstrübung: Es war der Strippenzieher Wolfgang Schüssel! Mit brutaler Machtgier und völliger Ignorierung von politischen Grundsätzen ging Schüssel 2000 daran umzusetzen, was ihm Lebensziel und Bestimmung war. Dank permanentem Psycho-Coaching durch seine Gattin ging der Menschenfischer ans Werk und zimmerte sich ein Kabinett nach seinen Vorstellungen. Dass am gegenwärtigen Desaster der Republik letztlich niemand anderer schuld ist als Frau Schüssel mit ihrem Psycho-Coaching sollten die Scheibner und Gorbach, die Strasser und Grasser etc. vor dem Staatsanwalt unbedingt als mildernden Umstand geltend machen. Wo sich brutale Machtgier auf weibliches Psycho-Coaching gründet, müsste jedem Richter klar sein, dass so viele halbseidene Persönlichkeiten gar nicht anders konnten, als dem Menschenfischer ins Netz zu gehen. Es war ja gerade die schüssel-spezifische Auswahl von Regierungsmitgliedern, welche das Mikro-Management à la Schüssel erst ermöglichte ..., der für sich in Anspruch nehmen darf, grenzenlose Machtausübung über alles gestellt zu haben und dabei auch wertkonservative Grundsätze wie Rechtschaffenheit, Anständigkeit und Verläßlichkeit außer acht gelassen zu haben.

Haben wir es nicht immer geahnt? Die Partei der fleißigen und anständigen Halbseidenen wurde vom Ehepaar Schüssel brutal hereingelegt. So etwas darf in Österreich nie wieder vorkommen. Daher eine Frage, für die es noch nicht zu spät ist: Wer coacht Werner Faymann? (Günter Traxler/DER STANDARD, Printausgabe, 20.9.2011)