New York - Neuer Schlag in der europäischen Schuldenkrise: Italien bekam von der Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) wegen der schwachen Konjunktur und der wackligen Regierungskoalition eine schlechtere Bonitätsnote verpasst. S&P hat die Kreditwürdigkeit Italiens weiter herabgestuft. Das Land werde bei der langfristigen Bonität fortan mit der Note "A" statt "A+" bewertet. Bei der kurzfristigen Kreditwürdigkeit setzte die Agentur das Rating von "A-1+" auf "A-1" herab. Grund seien "die sich abschwächenden Wachstumsaussichten" und die Einschätzung, dass die derzeit regierende Koalition die Fähigkeit einschränke, entschlossen auf die Schuldenkrise zu reagieren.
Italien wehrt sich naturgemäß gegen diese Einschätzung. Die Herabstufung reflektiert laut dem empörten Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi nicht die Realität. "Die Einschätzung von Standard & Poor's scheint mehr von Medienberichten als von der Realität diktiert worden zu sein. Sie scheint auch von politischen Erwägungen negativ beeinflusst", sagte Berlusconi. Die Regierung habe bereits Maßnahmen zur Haushaltssanierung eingeleitet. Schritte zur Förderung des Wirtschaftswachstums seien in Vorbereitung.
"Miserable Regierung"
Allerdings steht S&P mit ihrer Einschätzung nicht alleine da: Die EU-Kommission senkte erst vergangene Woche ihre Wachstumsprognose für die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Sie rechnet für dieses Jahr nur noch mit einem Plus von 0,7 Prozent nach zuvor 1,0 Prozent. Zum Vergleich: Die gesamte Währungsunion dürfte mit 1,6 Prozent mehr als doppelt so schnell wachsen. Die lahme Konjunktur macht es schwerer, den enormen Schuldenberg abzubauen: Die Staatsschulden machen rund 120 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung aus. EU-Kommissar Günter Oettinger macht Berlusconi mitverantwortlich für die Schwierigkeiten. "Italien wird miserabel regiert", sagte er kürzlich in Berlin. "Italien handelt, um die gesamtstaatliche Verschuldung zu senken", sagte indes am Dienstag der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn und ergänzte Italien werde seine mit den EU-Partnern vereinbarten Sparziele erreichen. Die Abstufung selbst wollte er nicht kommentieren.
Die italienischen Arbeitgeber verlangten nun von Berlusconi, endlich mutige Reformen anzugehen oder seinen Hut zu nehmen. "Wir haben die Nase voll, eine internationale Lachnummer zu sein", sagte Emma Marcegaglia, Präsidentin des Arbeitgeberverbandes Confindustria.
Auch EU-Kommission und deutsche Spitzenpolitiker forderten, verloren gegangenes Vertrauen durch eisernes Sparen zurückzugewinnen. Die Europäische Zentralbank kaufte italienische Staatsanleihen auf, um einen starken Anstieg der Zinsen zu verhindern.
Höhere Zinsen
Wegen der Herabstufung drohen Italien nun höhere Zinsen bei der Aufnahme neuer Kredite. Denn je schlechter die Kreditwürdigkeit, desto größer erscheint das Risiko, dass der Gläubiger sein Geld nicht wiedersieht. Dieses Risiko lässt sich der Geldgeber durch höhere Zinsen bezahlen.
Italien hat nach Griechenland den zweithöchsten Schuldenstand in der Eurozone. Standard & Poor's hatte die Herabstufung bereits angedroht. Sie vollzog diese nun nur wenige Tage, nachdem das italienische Parlament ein weiteres Sparpaket der Regierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi von 54,2 Milliarden Euro verabschiedet hatte. Zusammen mit bereits im Juli verabschiedeten Einschnitten will Rom so über 102 Milliarden Euro einsparen, um bis 2013 wieder ein ausgeglichenes Budget vorzulegen.
Erst am Freitag hatte auch die Ratingagentur Moody's damit gedroht, Italien trotz der zuletzt verabschiedeten Sparpakete herabzustufen. Moody's bewertet Italien in seinem eigenen Rating-System mit "Aa2" - und damit merklich besser als S&P. Hier fällt voraussichtlich im nächsten Monat die Entscheidung.
Riskiko eines Zahlungsausfalls gestiegen
Das Risiko eines Zahlungsausfalls italienischer Anleihen ist nach Einschätzung der Finanzmärkte in Folge der Herabstufung deutlich gestiegen. Eine fünfjährige Versicherung gegen den Ausfall der Anleihen (Credit Default Swap) verteuerte sich am Dienstag um 27 auf 515 Basispunkte. Auch eine Absicherung gegen eine Pleite Portugals verteuerte sich deutlich.
Der Euro reagierte mit Kursverlusten auf die Herabstufung Italiens, die Aktienmärkte in Asien und Europa reagierten hingegen gelassen. Zuvor hatten neue Ängste vor einer Pleite Griechenlands die Wall Street auf Talfahrt geschickt. (Reuters/red,derstandard.at)