Netanjahu will kurzfristig mit Abbas reden
Kurz bevor Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas einen Antrag bei der Uno für eine Vollmitgliedschaft eines palästinensischen Staates stellen will, hat nun der israelische Premier Benjamin Netanjahu Abbas zu einem Gespräch gebeten.
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New York/Jerusalem - Im Streit um den palästinensischen Anspruch auf eine Vollmitgliedschaft bei der Uno hat Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu nun in letzter Minute Präsident Mahmud Abbas ein Treffen in New York vorgeschlagen. Abbas sagte zu. Er sei weiter zu Verhandlungen bereit, jedoch müsste dabei etwas Konkretes herauskommen. Die Gespräche waren im Vorjahr abgebrochen worden, weil Israel sich geweigert hatte einen zehnmonatigen Siedlungsstopp im Westjordanland zu verlängern. Die neuerlichen direkten Gespräche könnten nun in New York beginnen und in Jerusalem und Ramallah fortgesetzt werden.
Abbas hatte am Montag angekündigt, am Freitag bei der UN-Vollversammlung in New York die Aufnahme Palästinas als 194. Staat in die Uno zu beantragen. Falls mindestens neun der 15 Sicherheitsrats-Mitglieder zu einem positiven Votum für Palästina bereit wären, müssten die USA ihr Veto einlegen, um die Aufnahme zu verhindern. Mit einem Bestehen auf die Sicherheitsratsentscheidung würden die Palästinenser aber die dort vertretenen Länder zwingen, in der Staatenfrage Position zu beziehen.
Israel hält sich offenbar alle Optionen für eine Reaktion auf die palästinensische UN-Initiative offen. Diskutiert wurde in den Medien unter anderem, dass Israel seine Siedlungen im Westjordanland in das eigene Staatsgebiet eingliedern könnte.
Mehrheit für UN-Antrag
Der palästinensische Antrag wird nach dem Ergebnis einer Umfrage von der großen Mehrheit der Palästinenser voll unterstützt: 83 Prozent der Palästinenser im Westjordanland, in Ostjerusalem und im Gazastreifen seien für den Antrag, teilte das Umfrageinstitut PSR in Ramallah mit. Aber nur etwa die Hälfte der Befragten erwarte, dass das Vorhaben in naher Zukunft Erfolg haben werde. Fast 80 Prozent erwarten Strafmaßnahmen Israels, aber nur 35 Prozent befürworten eine Rückkehr zum bewaffneten Kampf.
Israel müsse sich bewegen, weil der Status quo "inakzeptabel und nicht länger aufrechtzuerhalten" sei, erklärte der französische Außenminister Alain Juppé in New York. Andernfalls drohe eine "Explosion der Gewalt" . Es blieben nur noch drei Tage, um eine "Konfrontation" im Sicherheitsrat abzuwenden. Polen wird hingegen nach Angaben von Premier Donald Tusk eine UN-Resolution über die Staatlichkeit Palästinas nicht unterstützen, falls diese "die Sicherheit Israels gefährden" könnte. Polen hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne.
Ex-US-Präsident Jimmy Carter geht davon aus, dass es trotz des Vetos der USA zur Anerkennung Palästinas kommen wird. Washington könne die Aufnahme als Vollmitglied verhindern, nicht aber die Anerkennung durch die Generalversammlung eines palästinensischen Staates, der damit den Status bekäme, den der Vatikan hat. (Reuters, dpa/DER STANDARD, Printausgabe, 21.9.2011)