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Lang verhandelt, viel riskiert – und verloren: Die Minderheitsregierung von Sloweniens Premier Borut Pahor wurde de facto abgewählt.
Der Premier gibt sich aber kämpferisch und will bei vorgezogenen Neuwahlen antreten.
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Ljubljana - Die Krise hatte sich monatelang abgezeichnet, am Dienstagabend stand es dann fest: Das slowenische Parlament wählte die Minderheitsregierung von Premier Borut Pahor ab: 51 der 88 anwesenden Abgeordneten stimmten gegen die von Pahor vorschlagene Regierungsumbildung, die der Sozialdemokrat mit der Vertrauensfrage verknüpft hatte. Lediglich 36 Abgeordnete votierten für Pahor, ein Abgeordneter enthielt sich der Stimme.
Nun droht dem Land nach den Worten Pahors eine "politische Krise, die das Land monatelang lähmen wird" . Das Misstrauensvotum hat nämlich keine automatischen Neuwahlen zur Folge - es wird dennoch dazu kommen.
Überrascht konnte Pahor freilich von den Entwicklungen am Dienstagabend nicht sein, das mehrheitliche Misstrauen - zumindest der Bürger - stand schon längst fest: Einer Umfrage der Tageszeitung Dnevnik zufolge wünschten sich knapp 55 Prozent der Befragten, dass die Volksvertretung Pahor das Vertrauen verweigere. Nur 34,4 Prozent wollten, dass der Premier das Votum gewinne. Und 70,3 Prozent plädierten nicht für eine Prolongierung der Regierungskrise, sondern für vorzeitige Neuwahlen, sollte Pahor mit seiner Vertrauensabstimmung scheitern - wie es dann auch geschah.
Der abgewählte Ministerpräsident gab sich fair und gefasst: "Ich spüre in diesem Augenblick keine Bitterkeit." Der Sozialdemokrat, der mit lang anhaltendem Applaus verabschiedet wurde, blieb auch im Abschiedsstatement seinem Hang zu Pathos treu und sagte: "Slowenien wurde unter einem glücklichen Stern geboren. Ich bin überzeugt davon, dass wir uns schon irgendwie aus der jetzigen Lage retten werden."
"Starke Regierung nötig"
Hintergrund der Krise war der angespannte Staatshaushalt, der Slowenien ohne energische Sparmaßnahmen zum nächsten Problemkandidaten der Eurozone machen könnte. Aus diesem Grund hatte Pahors Regierung eine Pensionsreform ausgearbeitet. Diese wurde allerdings in einer Volksabstimmung Anfang Juni abgelehnt, bereits der fünften in Folge, die Pahor verlor.
Noch zu Beginn der achtstündigen Debatte hatte Pahor appelliert, seine Regierung angesichts der wirtschaftlichen Turbulenzen nicht fallen zu lassen. Im nächsten Halbjahr brauche es nämlich eine "außerordentlich reaktionsstarke Regierung" . Schließlich wachse sich die bereits überwunden geglaubte Wirtschaftskrise nun auf EU-Ebene sogar zu einer "institutionellen Krise" aus.
Nun erwartet Slowenien ein diffiziles Procedere: Die Verfassung sieht nämlich vor, dass erst nach zwei gescheiterten Anläufen zur Wahl eines neuen Premiers vorgezogene Wahlen angesetzt werden können. Diese wären frühestens im Dezember möglich - und Pahor gibt sich noch nicht geschlagen: Er will wieder antreten. (APA, red/DER STANDARD, Printausgabe, 21.9.2011)