Bild nicht mehr verfügbar.

So ähnlich könnte es aussehen, wenn der Nasa-Rover Curiosity ab nächstem Jahr den Mars erkundet. Die Europäer bleiben vorerst noch auf terrestrischem Boden.

Foto: NASA/JPL-Caltech /AP/dapd

Die nötige Technik wird derzeit auf Teneriffa getestet. Ein österreichischer Forscher ist bei der Verarbeitung der Bilder federführend.

* * *

Diesmal soll wirklich alles klappen. Nicht noch einmal soll eine europäische Marsmission schiefgehen. So wie der bisher erste und einzige Versuch der europäischen Raumfahrtbehörde Esa, mit einem unbemannten Roboter den Mars zu erkunden. Beagle 2, das Expeditionsschiff der Esa-Sonde Mars Express, landete zu Weihnachten 2003 auf der Oberfläche des Planeten, ein Funkkontakt konnte nie hergestellt werden.

Rückschläge genauso wie Totalverluste sind nicht ungewöhnlich, wenn es um die Erforschung des Mars geht. Die Hälfte aller bisherigen Landungen schlug fehl. Die Russen waren die Ersten, die es probierten, gaben nach drei gescheiterten Versuchen in den Jahren 1971 und 1974 aber auf. Allein die US-Raumfahrtbehörde Nasa konnte mit den Viking-Sonden, dann mit Pathfinders Rover Sojourner - dem ersten motorisierten Fahrzeug auf dem Mars - und dessen Nachfolgern Erfolge verbuchen. Seit sieben Jahren tuckert nun schon der Mars-Rover Opportunity als derzeit einziges von Menschen erzeugtes Objekt kreuz und quer über den Mars, nachdem sein Gefährte Spirit im Vorjahr den Geist aufgegeben hat.

Mit der Mission ExoMars will auch die Esa 2018 einen neuerlichen Anlauf starten und einen Rover auf den Mars schicken. Aus einem Alleingang wurde allerdings nichts: Aufgrund explodierender Kosten holten sich die Europäer die Nasa ins Schiff, ohne die der Transport ins All gar nicht möglich wäre. Bis es so weit ist - Gerüchten zufolge könnte sich der Start der Mission weiter auf 2020 verschieben -, feilen zahlreiche Forscher daran, die Technologien zu perfektionieren, die letztlich dazu dienen sollen, den Mars auf Spuren nach Leben abzusuchen.

Zurzeit findet man den Mars auf Teneriffa: Dort nämlich werden dieser Tage Feldversuche mit Bridget durchgeführt, einem Test-Rover, der vom EADS-Ableger Astrium entwickelt wird. Die Tests sind Teil des EU-Projekts Planetary Robotics Vision Ground Processing (PRoVisG), das sich um eine bessere, schnellere und genauerer Verarbeitung jener Bilddaten dreht, die ein derartiger Roboter aufnimmt. Geleitet wird es von Gerhard Paar vom Grazer Joanneum Research. Er koordiniert damit mehr als ein Dutzend Forschungsinstitutionen und Unternehmen aus Europa und den USA.

Wüste im Weitwinkel

"Im El-Teide-Nationalpark finden wir ideale Bedingungen vor", berichtet Paar aus Teneriffa. "Es ist wüstenhaft, sehr trocken, und die Vegetation ist äußerst spärlich." In den vergangenen Tagen wurde Bridget mehrfach in das hauptsächlich aus Lavagestein bestehende Gelände geschickt, gespickt mit einer Reihe von Spezialkameras.

Die zwei Weitwinkelkameras der 3-D-Panoramakamera liefern ähnlich wie zwei menschliche Augen ein dreidimensionales Stereobild, dazu ermöglicht eine Kamera mit hoher Brennweite hochauflösende Ausschnitte. Die Omniview-Kamera hat ein Blickfeld von 360 Grad, nimmt also stereo zugleich von allen Seiten auf, wenn auch nicht so hochauflösend. "Wir testen, ob sich das System zur Navigation eignet und wie effektiv es die Struktur der Umgebung erfassen kann."

Weiters zum Einsatz auf Teneriffa kam eine Spezialkamera, die Infrarotlicht aussendet und misst, wie lange das Licht von jedem Pixel aus braucht, bis es zurückkehrt - und somit eine exakte 3-D-Rekonstruktion der Umgebung erlaubt. Eine Hyperspektralkamera kann ihre Wellenlänge über einen bestimmten Bereich übergangslos variieren, was Rückschlüsse auf die chemische Zusammensetzung des Gesteins zulässt.

Als am marsähnlichsten befanden die Forscher ein von Felsen begrenztes Tal mit einer Länge von etwa 100 Metern. Verschiedene Routen wurden festgelegt und Styroporkügelchen verteilt. "Die Kugeln dienen als Markierungspunkte, anhand derer wir prüfen können, ob die Distanzmessungen und Geländemodellierungen stimmen", erklärt Paar. Dann legte Brigdet los, ein wendiges Metallgestell auf sechs Rädern, testhalber angetrieben von einer Batterie aus einem Golfwagerl und gesteuert per Playstation-Controller.

Im Stop-and-Go-Verfahren, mit einer Höchstgeschwindigkeit von gerade 150 Meter pro Stunde, blieb es jeden Meter stehen, um ein Panoramabild zu machen. "Die Geländeinformationen werden von einer Position zur nächsten rückberechnet, sodass anhand der Veränderung der einzelnen Bildpunkte ein 3-D-Bild rekonstruiert werden kann", sagt Paar.

Sowohl bei der Entwicklung der Panoramakamera, deren österreichischer Part durch das heimische Weltraumforschungsprogramm ASAP des Verkehrsministeriums unterstützt wurde, als auch bei der Datenverarbeitung ist Paars Joanneum-Team federführend.

Interaktive 3-D-Modelle

Mit dem Forschungszentrum für Virtual Reality und Visualisierung (VRVis), das die Flut an hochauflösenden Daten in interaktive 3-D-Modelle verwandelt, ist ein weiterer österreichischer Partner beteiligt. Ziel von PRoVisG ist es schließlich, Marsforschern zu ermöglichen, quasi durch die Augen des Roboters zu blicken.

Mithilfe der 3-D-Rekonstruktionen der Mars-Bilder kann man sich wie in einem Computerspiel durch die Umgebung bewegen oder die Oberfläche überfliegen und bei interessanten Stellen hineinzoomen. "Das kann den Entscheidungsprozess, wohin der Roboter als Nächstes gesteuert werden soll, beschleunigen", sagt Paar. Schließlich verschlingen riesige Teams, die sich um die Interpretation der Daten kümmern, enorme Kosten.

Auf noch mehr Autonomie der Mars-Rover setzt das Projekt PRoViScout (Planetary Robotics Vision Scout), ebenfalls von Gerhard Paar geleitet. Dabei sollen die Roboter lernen, die Bilder bereits während der Fahrt selbstständig auszuwerten und zu entscheiden, ob es sich lohnt, bestimmte Orte in der Umgebung näher zu erkunden. "Es kann nur eine bestimmte Anzahl von Bildern auf der Erde heruntergeladen werden", schildert Paar, "und wir wollen schließlich nicht, dass der Rover unbemerkt am einzigen bemoosten Stein auf dem Mars vorbeifährt."

Nächstes Jahr sind Feldversuche für ProViScout geplant. Vorerst müssen aber die vielen Testdaten aus Teneriffa aufbereitet werden. Lernen können die Bildverarbeitungsexperten auch von Curiosity, dem nächsten Nasa-Rover, der Ende des Jahres in Richtung Mars starten und im August 2012 landen wird. Wenn alles gutgeht. (DER STANDARD, Printausgabe, 21.09.2011)