Victoria Antoci gelang ein astronomischer Durchbruch.

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Als sie sechs Jahre alt war, hat Victoria Antoci für ihre Kinderzimmerdecke Plastiksterne bekommen, die in der Nacht leuchten. "Es klingt kitschig, aber damals hat sich meine Faszination für Sterne entwickelt", sagt die Astronomin, die 1979 in Bukarest geboren wurde.

1990 folgten sie und ihre ältere Schwester der Mutter nach Wien nach, die schon länger in Österreich als Opernsängerin engagiert war. "Wir durften erst nach der Wende das Land verlassen", sagt Antoci. "Es war nicht leicht, alle Freunde zurückzulassen." Die Leidenschaft für den Nachthimmel blieb: Als Teenager begann sie, Astronomiebücher zu lesen und Sternenkarten zu studieren.

An der Universität Wien begann sie Astronomie zu studieren, wo sie derzeit ihre Dissertation beendet. Im Zuge ihrer Arbeit zur Schwingung von Sternen stieß sie auf einen sogenannten Delta-Scuti-Stern, dessen Verhalten den Beweis für eine langjährige Theorie erbracht hat. Ein Durchbruch, der Victoria Antoci soeben zu einer Publikation im Top-Fachblatt "Nature" verholfen hat.

Bei Antocis vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützter Forschung geht es darum, das Innere von Sternen zu rekonstruieren - was wiederum Einblicke in die Entstehung von Planetensystemen geben kann. "Die einzige Möglichkeit, in Sterne hineinzuschauen, ist die Astroseismologie", erklärt sie. Ähnlich wie in der terrestrischen Seismologie gibt die Art und Frequenz der Schwingungen, die zu periodischen Helligkeitsschwankungen der Sterne führen, Aufschluss über die innere Dynamik der Himmelskörper.

In der Sonne bringt die Energie, die im Inneren durch Kernfusion erzeugt wird, die Oberfläche zum Köcheln - das regt die "Pulsation", also die periodische Schwingung, an. Bei Sternen, die etwa zweimal so viel Masse aufweisen wie die Sonne, wird die Schicht, in der es brodelt, immer dünner, und es kommt eine andere Art der Pulsation ins Spiel: Der Kappa-Mechanismus hält die Schwingungen ähnlich wie ein Dieselmotor in Gang, schildert Antoci. "Seit zehn Jahren behaupten Wissenschafter in der Theorie, dass beide Arten existieren. Ich wollte zeigen, ob das stimmt."

Ein erster Beweis ist gelungen: Der Stern namens "HD 187547", der sich im Zentrum der Milchstraße befindet, liefert erstmals Messwerte für beide Pulsationstypen und gibt damit Hinweise, wie andere massereiche Delta- Scuti-Sterne aufgebaut sind. Um die sprichwörtliche Stecknadel im Heuhaufen der Sterne zu finden, nahm sich Victoria Antoci die Daten des 2009 ins All gesendeten Kepler-Teleskops vor.

Mehr als 1000 Sterne und ihre Signale ging sie durch, selektierte und analysiert - bis sie im Ausschlussverfahren fand, was sie gesucht hatte. "An diesem Abend bin ich im Büro herumgehüpft", erinnert sie sich. Messungen in Observatorien brachten dann die weitere Informationen über den Stern. Bloß selbst hatte Antoci noch keine Zeit, ihre Entdeckung mit eigenen Augen zu beobachten.

"Astronomie findet hauptsächlich hinter dem Computer statt und hat wenig mit Romantik zu tun", sagt sie. Auch wenn ein klarer Sternenhimmel unvergleichlich sei. "Wenn ich frustriert bin, schaue ich in den Himmel, dann weiß ich wieder, warum ich das mache." In Zukunft wird das der Himmel über Kanada sein - Ende September übersiedelt sie als Post-Doc nach Vancouver. (Karin Krichmayr/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.9.2011)