Deshalb sollte die Regierung in Jerusalem die Anerkennung Palästinas in der Uno nicht bekämpfen, sondern sich ihr anschließen.

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In Basel hat Theodor Herzl den Judenstaat gegründet. Der Vater des Zionismus stellte 1897 fest, dass die Juden ein Volk sind, nicht eine Religionsgemeinschaft. In New York wird PLO-Chef Mahmoud Abbas wohl den Palästinenserstaat gründen. Der PLO-Chef braucht dafür nicht einmal die Aufnahme Palästinas durch den UN-Sicherheitsrat.

Ein simples Aufwerten in der Vollversammlung von einem "permanenten Beobachterstaat" zum "Nichtmitgliedstaat ohne Stimmrecht" der UN, vergleichbar dem Vatikan oder früher Österreich, wird eine klare Mehrheit finden. Das wird Palästina ermöglichen, Mitglied in mehreren UN-Organisationen zu werden und israelische Soldaten oder Siedler wegen Menschenrechtsverletzungen beim Internationalen Gerichtshof in den Haag zu verklagen.

Die Führung in Ramallah braucht einen diplomatischen Sieg, weil sie bei der eigenen Bevölkerung immer weniger Unterstützung findet und die Spaltung zwischen Westjordanland und Gaza neue Wahlen verhindert. Der Friedensprozess begann vor 18 Jahren. In der Zeit wuchs die Zahl der jüdischen Siedler auf das Dreifache, und Israel kontrolliert 60 Prozent des Westjordanlandes. Kein Wunder, dass die Mehrheit der Israelis den Friedensprozess unterstützt und zugleich die Unabhängigkeit Palästinas ablehnt, egal wie die Vereinten Nationen entscheiden.

Durch einen Erfolg in New York könnte Abbas auch einen Sieg über die radikale Hamas feiern, die den Gang zur Uno ablehnt. Er kann auch seine wirtschaftliche Abhängigkeit von Israel temporär kaschieren. Aber auch Israel braucht die gemäßigte Palästinenserführung, deren Sicherheitskräfte zusammen mit den Israelis den Terror bekämpfen und so auch das Leben von Juden schützen. Die israelischen Drohungen, im Gegenzug zum Uno-Antrag die Finanzhilfe für die Palästinenserbehörde zu kürzen, könnten das Westjordanland ins Chaos stürzen und Israels Isolierung in der Welt noch vergrößern.

Uno stärkt Israels Grenzen

Daher sollte sich Israel besser der Anerkennung Palästinas anschließen. Dies wird einen unlösbaren Konflikt zwischen einem Staat und einer Befreiungsbewegung in einen handhabbaren Disput zwischen zwei Staaten verwandelt. Die Uno wird dadurch zum ersten Mal indirekt auch Israels Grenzen und seine Hauptstadt in Westjerusalem anerkennen und Israels Selbstdefinition stärken.

Nach einem israelischen Grundgesetz ist Israel nämlich ein jüdischer und demokratischer Staat. Die jahrzehntelange gewaltsame Herrschaft über die Palästinenser verwandelte Israel jedoch in einen schizophrenen Staat, eine Demokratie im Kernland und eine Besatzungsmacht im Westjordanland und dem Gazastreifen.

Nun kann Israel auch demokratisch bleiben, ohne seine Truppen und Siedler aus den besetzten Gebieten ziehen zu müssen. Es muss bloß den Palästinensern dort die gleichen demokratischen Rechte verleihen. Das aber würde die jüdischen Israelis zu einer Minderheit im eigenen Land verwandeln. Herzls Traum von einem jüdischen Staat, der als Zufluchtsort für Juden weltweit dient, würde somit begraben.

Es wäre ein symbolischer Akt, wenn Palästina das 194. Vollmitglied der Uno sein würde. Denn diese Zahl erinnert an die UN-Resolution 194 von 1948, der das gerade gegründete Israel als Bedingung für die Aufnahme in die Vereinten Nationen zustimmen musste. Die damalige israelische Regierung akzeptierte diese Bedingung sofort, obwohl die Resolution eine Uno-Kontrolle über Jerusalem und eine Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge, "die es wünschen, im Frieden mit ihren Nachbarn zusammenzuleben", verlangte. (DER STANDARD, Printausgabe, 21.9.2011)