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Finanzminister Evangelos Venizelos warnt eindringlich vor einem Zusammenbruch des Landes. Die Gefahr sei groß, "dass die Ökonomie des Landes einfach aufhört zu existieren."

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Aus Protest gegen die Sparpläne haben die Gewerkschaften einen erneuten Generalstreik angekündigt. Am 5. Oktober solle der öffentliche Dienst landesweit in den Ausstand treten, für den 19. Oktober ist ein Generalstreik geplant.

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Ärzte und Pfleger protestieren vor dem Gesundheitsministerium in Athen. Sie befürchten Kürzungen, die sie betreffen.

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Brüssel/Athen - Die Griechen zittern vor neuen, noch härteren Spar- und Kürzungsschritten ihrer verzweifelt kämpfenden Regierung. Ministerpräsident Giorgos Papandreou berief für den frühen Mittwochnachmittag eine Sondersitzung des Kabinetts in Athen ein. Nach Medieninformationen will er seinen Ministern die Eckpunkte eines weiteren Sparprogramms ankündigen.

Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos warnte am Vormittag im Parlament eindringlich vor einem Zusammenbruch des Landes. Die Gefahr sei groß, "dass die Ökonomie des Landes einfach aufhört zu existieren"; deshalb seien noch härtere Sparanstrengungen nötig: "Ja, wir brauchen neue Maßnahmen." Opfer bringen müssten leider auch Pensionisten, Arbeitslose und junge Leute, sagte Venizelos. "Das ist das Drama des Landes." Gleichzeitig betonte Venizelos an eine Zukunft seines Landes mit dem Euro zu glauben. "Griechenland ist und wird immer Mitglied der Eurozone bleiben." Die Regierung werde alles unternehmen, um "das Schicksal unseres Landes und seinen Platz in der Eurozone nicht aufs Spiel zu setzen."Details nannte er zunächst nicht.

Erfolgreiche Verhandlungen mit der Troika

Am Dienstagabend war ein Durchbruch bei den telefonischen Verhandlungen der "Troika" aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) mit dem griechischen Finanzminister gelungen. Die Expertengruppe der Geldgeber will nun nächste Woche nach Athen reisen. Ein positiver Bericht der "Troika" zur Budgetsanierung ist Vorbedingung für die Auszahlung der nächsten Kredittranche von acht Milliarden Euro aus dem alten Hilfsprogramm von 110 Milliarden Euro. Fließen die Milliarden nicht, droht Griechenland im Oktober die Pleite.

Wann die Griechen erfahren, welche neuen harten Maßnahmen genau auf sie zukommen, war am Mittwochvormittag unklar. Griechische Zeitungen stellten ihre Leser bereits auf das Schlimmste ein: Die Maßnahmen würden sich "katastrophal" auf den Lebensstandard des "kleinen Mannes" auswirken, hieß es. "Radikale Kürzungen von Pensionen, Senkung der Steuerfreibeträge und Entlassungen" prophezeite die regierungsnahe Athener Zeitung "Ta Nea". Die Regierung diskutiere nur noch über die Zahl der fälligen Entlassungen. Die griechische Presse spekuliert, es könne 100.000 bis 150.000 Entlassungen geben.

Betriebsschließungen

117 staatlich unterstützte Betriebe sollen sobald wie möglich schließen. Im Staatssektor arbeiten nach offiziellen Angaben mehr als 700.000 Bedienstete, hinzu kommen rund 200.000 Mitarbeiter in staatlich subventionierten Unternehmen wie dem Fernsehen oder der Elektrizitätsversorgung.

Auch die Gewerkschaften rechnen mit zehntausenden Entlassungen im staatlichen Bereich, mit Pensionskürzungen, Einschnitten bei den Gehältern von Staatsbediensteten und neuen Steuern auf Tabak und Spirituosen. Erwartet wird auch, dass das Heizen teurer wird, weil der Heizöl-Preis an den für Diesel angeglichen werden könnte. Zudem soll eine neue Immobilien-Sondersteuer erhoben werden. Jeder Besitzer eines Hauses oder einer Wohnung soll - je nach Wert der Immobilie - zwischen 0,5 bis 16 Euro pro Quadratmeter zahlen.

Hoher Preis für die Rettung

Kritische Zeitungskommentatoren betonten, wieder müssten die Angehörigen der Mittelklasse, die Geringverdienender und die Rentner den Preis für die Rettung des Landes bezahlen, da die Regierung nicht in der Lage sei, die Steuerhinterziehung zu erfassen und den Staat zu verschlanken. Die Gewerkschaften haben Streiks für den 6. Oktober angekündigt.

Viele Beobachter gehen davon aus, dass die in Athen alleinregierenden Sozialisten dem Druck nicht dauerhaft werden standhalten können - sie schließen vorgezogene Wahlen oder die Bildung einer Großen Koalition mit den Konservativen nicht aus. Zahlreiche Abgeordnete der regierenden Sozialisten sagen es bereits offen, sie könnten den seit Monaten andauernden "Maßnahmen-Tsunami" nicht mehr mittragen. Die Gewerkschaften haben bereits Streiks für den 6. Oktober angekündigt.

Ratingagentur Fitch rechnet mit Griechen-Pleite

Derweil rechnet die Ratingagentur Fitch fest mit einer Pleite Griechenlands. Dennoch sei zu erwarten, dass der hoch verschuldete Staat in der Eurozone bleibe, schrieb David Riley, zuständig für die staatliche Bonitätseinstufungen bei Fitch in einem Kommentar vom Dienstag. Die Sorge, dass die Eurozone auseinanderbrechen könnte, hält die Ratingagentur für weit übertrieben. Sie erwartet auch nicht, dass der Zusammenbruch von Finanzinstituten zugelassen wird, die für das Finanzsystem wichtig sind.

Ein Euro-Abschied Griechenlands wäre ökonomisch widersinnig, erklärt Riley. Andere Euro-Krisenländer würden dann schneller der Gefahr der Kapitalflucht ausgesetzt, das Risiko einer Staatschulden- und Bankenkrise würde extrem steigen.

Athen beschafft sich unterdessen weiter kleinere Summen auf dem Finanzmarkt. Am Dienstag wurden nach Angaben des Finanzministeriums 1,625 Milliarden Euro mit einer Laufzeit von 13 Wochen aufgenommen. Der Zinssatz beträgt 4,56 Prozent; leicht höher als im August dieses Jahres, als Griechenland sich eine ähnliche Summe lieh - damals zu 4,50 Prozent. Griechenland braucht dringend auch diese kleinere Summen. Es gehe dabei auch darum, die Märkte zu testen, erklärten Beobachter. (red/APA/Reuters)