Heidelberg - Die Transplantation von Stammzellen eines gesunden Spenders bietet eine Heilungschance auch für ältere Blutkrebs-Patienten mit aggressiver Verlaufsform einer so genannten chronischen lymphatischen Leukämie (CLL). Das konnte die Deutsche CLL-Studiengruppe, eine Studiengruppe deutschsprachiger Spezialisten auf dem Gebiet der CLL, in einer multizentrischen, klinischen Studie der Phase II zeigen, teilte das Universitätsklinikum Heidelberg in einer Aussendung mit . Diesen und weitere Fortschritte in den Behandlungsmöglichkeiten der CLL diskutieren mehr als 200 Blutkrebsexperten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz auf dem Jahrestreffen der Deutschen CLL-Studiengruppe vom 23. bis 24. September 2011 in Heidelberg.

Häufigste Leukämieform

Die CLL ist die häufigste Leukämieform in den Industrienationen und tritt vor allem im höheren Lebensalter auf. Experten schätzen, dass in Deutschland pro Jahr rund 4.000 Menschen daran erkranken. Obwohl die CLL häufig einen relativ gutartigen Verlauf nimmt, erfordert die Erkrankung bei vielen Patienten eine Behandlung.

Stammzellentransplantation als einzige Heilungschance

Die Transplantation von Stammzellen eines gesunden Spenders, die so genannte allogene Stammzelltransplantation, ist das bisher einzige Verfahren, welches eine Heilung dieser bösartigen Erkrankung ermöglicht - und dies auch bei ungünstigen Verlaufsformen, die auf keine andere Behandlung ansprechen.

Ärzte an 16 verschiedenen deutschen Behandlungszentren schlossen insgesamt 90 Patienten mit einer aggressiven Verlaufsform der CLL in die Studie ein, die 2010 in der Fachzeitschrift "Blood" veröffentlicht wurde. Im Rahmen der Stammzelltransplantation erhielten die Patienten eine immunsuppressive Chemotherapie, gefolgt von der Übertragung von Blutstammzellen eines passenden verwandten oder nicht verwandten Spenders. Bei einem großen Teil der Patienten konnten nach der Transplantation regelmäßig hoch empfindliche Untersuchungen durchgeführt werden. „Mit diesen Messungen können wir nachweisen, ob sich im Körper noch Leukämiezellen befinden", erklärt Studienleiter Peter Dreger, Leiter der Sektion Stammzelltransplantation an der Medizinischen Klinik V des Universitätsklinikums Heidelberg.

Kaum Erkrankungsrückfälle

Diejenigen Patienten, bei denen sich langfristig keine CLL-Zellen mehr im Blut nachweisen ließen (etwa die Hälfte der getesteten Patienten), erlitten über die Nachbeobachtung von bis zu acht Jahren - im Mittel etwa vier Jahre - kaum Erkrankungsrückfälle. Dieses erfreuliche Ergebnis war unabhängig vom genetischen Risikoprofil und der Resistenz gegen bestimmte Chemotherapeutika.

„Unsere Studie ist die bisher größte an diesem Patientenkollektiv und konnte nachweisen, dass die allogene Stammzelltransplantation bei einer Hoch-Risiko-CLL eine vielversprechende Therapieoption darstellt und womöglich sogar zur Heilung dieser ansonsten unheilbaren Leukämieart führen kann", sagt Dreger.

Risikoreiche Therapieform

Die allogene Stammzelltransplantation ist eine sehr belastende und risikoreiche Therapieform, so dass sie früher bei den üblicherweise älteren von der CLL betroffenen Patienten in der Regel nicht durchgeführt werden konnte. Durch das im Rahmen der Studie untersuchte neue Verfahren konnte die Verträglichkeit wesentlich verbessert werden. Das Hauptrisiko bleibt jedoch die "Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion", bei der Spenderzellen die für sie fremden, körpereigenen Zellen des Patienten angreifen. Allerdings ist das auch der Mechanismus, über den die Leukämiezellen beseitigt werden.

„Entscheidend ist, die übertragenen Spender-Immunzellen so zu steuern, dass die Wirkung stark genug ist, die Leukämiezellen zu eliminieren, aber nicht so stark, dass es zu Komplikationen an anderen Geweben oder Organen kommt. Hierbei sind die regelmäßigen Messungen der CLL-Zellen im Blut ein neues, außerordentlich hilfreiches Instrument", so Dreger abschließend. (red)