Ljubljana - Die Tage des slowenischen Ministerpräsidenten Borut Pahor sind auch nach seiner Abwahl nicht gezählt. "Kein Politiker wünscht sich, als Regierungschef abgewählt zu werden, aber ich glaube nicht, dass das das politische Ende Pahors war", sagte der Politikexperte Matevz Tomsic der Nachrichtenagentur STA. Der Publizist Janez Markes meinte sogar, dass die Abgeordneten dem Regierungschef mit dem Misstrauensvotum vom Dienstag "einen großen Gefallen" getan hätten, weil sie die "Agonie" seiner Regierung beendet hätten.
Pahor werde vermutlich in der Politik bleiben, "weil es in der derzeitigen Krise nicht sehr viele gute Jobs gibt". Seine Sozialdemokraten (SD) hätten gute Chancen, eine starke Parlamentspartei zu bleiben. Beide Experten schließen nicht aus, dass es nach der Wahl zu einer Großen Koalition der Sozialdemokraten mit den Demokraten (SDS) des voraussichtlichen Wahlsiegers Janez Jansa kommen könnte. Schon in der Debatte vor der Vertrauensabstimmung hätten sich erste "Grundlagen" für eine solche Zusammenarbeit gezeigt, sagte Markes. "Das ist eigentlich ziemlich überraschend". Tomsic sagte, dass ein solches Bündnis vor allem von der Höhe des SDS-Wahlsieges abhängt. "Wenn es zu einer Pattstellung kommt, kann diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden".
Nach Einschätzung der Experten sind derzeit vorgezogene Neuwahlen das wahrscheinliche Szenario. Der Soziologe Matej Makarovic betonte in der Tageszeitung "Delo", dass rasche Neuwahlen im Interesse beider Großparteien seien. Jansas SDS will Neuwahlen, weil sie mit einem klaren Sieg rechnen kann, während Pahors SD auf diese Weise ihre Vormachtstellung im linken Lager verteidigen kann. Mit raschen Neuwahlen könne Pahor seiner Partei "das politische Überleben und gute Chancen auf eine Erholung und eine Rückkehr an die Macht in baldiger Zukunft sichern", sagte Makarovic.
Die Wahl eines Übergangspremiers berge dagegen die Gefahr, dass sich bis zu den regulären Wahlen im Herbst 2012 neue politische Akteure etablieren, "die die Sozialdemokraten längerfristig begraben würden". Allerdings ist ein solches Szenario nicht völlig ausgeschlossen, meint Makarovic. Laut Tomsic könnte die Linke angesichts der miserablen Umfragewerte versucht sein, einen neuen Regierungschef als "Retter" zu suchen.
Dass Jansas Demokraten die Neuwahl gewinnen werden, daran besteht nach Ansicht der Experten derzeit kein Zweifel. Die vom Oppositionsführer angestrebte absolute Mandatsmehrheit werde sich aber sicher nicht ausgehen, sagte Markes. Mit Blick auf die zahlreichen unentschlossenen Wähler gibt der frühere "Delo"-Chefredakteur neuen Parteien - wie der jüngst vorgestellten links-grünen "Bewegung für eine nachhaltige Entwicklung" - gute Chancen. Tomsic und Makarovic sind diesbezüglich skeptischer. Der Wahlkampf werde sich nämlich auf die Alternative Pahor - Jansa zuspitzen, betonte Makarovic. Neue Parteien könnten vor diesem Hintergrund froh sein, wenn sie den Sprung über die Vier-Prozent-Hürde schaffen. (APA)