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Chronischer Schmerz löst oft Ängste und Depressionen aus, Depressionen verschärfen wiederum oft die Schmerzwahrnehmung.
Hamburg - Schmerz macht Depressionen und Angstzustände, doch gleichzeitig leiden Menschen mit diesen psychischen Problemen auch viel stärker unter Schmerz. Darauf verwiesen Wissenschafter beim Europäischen Schmerzkongress (EFIC/21. bis 24. September) in Hamburg. Ein weiterer Themenschwerpunkt: Neuropathische Schmerzen bei Krebs. Hier fehlen laut dem Wiener Experten und EFIC-Präsidenten Hans Georg Kress Leitlinien für die Behandlung.
Ein echter Teufelskreis: Chronischer Schmerz löst oft Ängste und Depressionen aus, Depressionen verschärfen wiederum oft die Schmerzwahrnehmung. "Schmerz kann nach international anerkannten Definitionen nicht als ausschließlich körperliches Phänomen betrachtet werden", erklärte die portugiesische Expertin Maria Alexandra Ferreira-Valente. "In Anbetracht der bisherigen Forschungsergebnisse sollten Ärztinnen und Ärzte danach trachten, die Behandlungsprogramme an das Ausmaß der Ängste oder Depressionen ihrer Patientinnen anzupassen", fügte sie hinzu.
Depressive Patienten haben stärkere Schmerzen
Ferreira-Valente untersuchte, inwieweit chronische Schmerzpatienten für Depressionen und Angstzustände besonders anfällig sind. Analysiert wurden 324 Personen mit vier verschiedenen Arten von chronischen Schmerzzuständen. Das Ergebnis: "Ängste und Depression sind stark mit einer höheren Schmerzintensität und Beeinträchtigungen verknüpft. Das lässt keinen Zweifel daran offen, dass eine effektive Therapie nicht darin bestehen kann, Patienten nur schmerzstillende Medikamente zu verabreichen, während man ihre psychosozialen Lebensumstände außer Acht lässt", unterstrich die Expertin.
Migrationshintergrund mitentscheidend
Auch Migranten leiden stärker unter Schmerzzuständen. Das dürfte einerseits an ihrer oft bedrückenden sozialen Situation liegen, es gibt beim Schmerzempfinden auch kulturelle Unterschiede. Ulla Kellner, Schmerzmanagement-Expertin aus Zürich, präsentierte eine Studie über die Bedeutung des Migrationshintergrunds für den Behandlungserfolg.
Die Forschungsgruppe verglich den psychologischen Gesundheitsstatus und die Schmerzintensität von 118 chronischen Patienten aus Zürich und Umgebung. 50 von ihnen hatten einen Migrationshintergrund. "Statistisch gesehen unterschieden sich beide Gruppen signifikant in allen Variablen - und die Patienten mit Migrationshintergrund hatten leider immer die schlechteren Karten", erklärte Ulla Kellner.
Neuropathische Schmerzen bei Krebspatienten
Weiterhin Defizite gibt es auch in der Betreuung von Krebspatienten. Fast 40 Prozent von ihnen sind von neuropathischen Schmerzen betroffen, die besonders quälend, aber auch oft schlecht behandelbar sind. "Gegenwärtig ist kein einziges der gängigen Schmerzmittel für diese Indikation zugelassen", kritisierte am Mittwoch EFIC-Präsident Hans Georg Kress (MedUni Wien am AKH). Der Fachmann über das Manko: "Das schafft natürlich Unsicherheiten für die Behandler, welche Substanzen am besten einzusetzen sind." (APA)