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Andreas Brandstetter leitet die Aufräumarbeiten im Uniqa-Konzern.
Bei der Uniqa bleibt kein Stein auf dem anderen: Mitarbeiterabbau, Abgabe von Beteiligungen, Expansion nur mehr in bestehenden Märkten und eine deutliche Verbesserung des Bankenvertriebs.
Wien – Andreas Brandstetter hatte ein halbes Jahr Zeit, eine neue Konzernstruktur für die zur Raiffeisen gehörende Uniqa Versicherung zu konzipieren, ehe er am 1. Juli deren Konzernchef wurde. "Wir haben uns wahrscheinlich erstmalig jeden Prozess in dem Unternehmen angeschaut" , berichtete Brandstetter am Mittwoch und gab einen ersten "Zwischenbericht" .
600 der insgesamt 9000 Mitarbeiter in der Verwaltung müssen die Versicherung verlassen. 400 davon in den 21 Ländern, in denen die Uniqa tätig ist. 200, und damit jeder Fünfte, müssen in der Zentrale im Uniqa-Tower in Wien gehen – und zwar innerhalb der nächsten zwölf Monate. Bei den "forcierten Gesprächen" werde auf "finanziell attraktive" Angebote beim Mitarbeiterabbau zurückgegriffen, wodurch Härtefälle vermieden werden sollen. Wer aber nach dem dritten Gespräch nicht bereit ist, seinen Sessel zu räumen, dem droht die Kündigung, ließ Brandstetter durchblicken. Selektiert wird nach "Leistung, Funktion und dort, wo Doppelgleisigkeiten bestehen" . Das Alter sei kein Kriterium, weil man die Erfahrung älterer Arbeitnehmer zu schätzen wisse.
Doppelgleisigkeiten
Begründet werden die angehäuften Doppelgleisigkeiten damit, dass die Uniqa "eine Geschichte von Fusionen ist" : Bundesländer Versicherung, Austria, Collegialität, Raiffeisen Versicherung, Salzburger Landesversicherung und nicht zuletzt Axa in Österreich, Ungarn und Liechtenstein. Brandstetter: "Ich wage zu behaupten, dass bisher nicht das ganze Potenzial gehoben wurde."
Für den Mitarbeiterabbau werden heuer 80 Mio. Euro in der Bilanz rückgestellt. Weitere 30 Mio. Euro werden dafür aufgewendet, dass künftig alle Uniqa-Mitarbeiter Zugang zur Pensionskasse haben. Und nochmals 80 Mio. Euro werden für bilanzielle Vorsorgen im Beteiligungsbereich im Zuge der neuen Fokussierung auf das Kerngeschäft gebildet. Die in Summe 190 Mio. Euro Rückstellungen werden auf einmal und zwar im vierten Quartal ergebniswirksam. Das hat zur Folge, dass die Uniqa heuer nur "eine schwarze Null schreiben wird" . Die Eigentümer, allen voran Raiffeisen NÖ-Wien und die Austria Privatstiftung, erwartet für 2011 eine "deutlich geringere Dividende" . Auch ein gänzlicher Ausfall wird nicht ausgeschlossen.
Stärkerer Bankenvertrieb
Klare Vorgaben gibt es für die Raiffeisen Versicherung, die derzeit 20 Prozent ihrer Produkte über den sektoreigenen Bankenvertrieb absetzt. Brandstetter: "Wir investieren sehr viel in den Bankenvertrieb und die Produkte und sehen in der Bankengruppe ein hohes Potenzial." In Gesprächen mit den acht Raiffeisen Landesbanken und der Raiffeisen Zentralbank will man das Geschäftsmodell der Versicherung "optimieren" . Soll heißen, die Bankmitarbeiter müssen mehr Versicherungen verkaufen. Brandstetter: "Im Schnitt verkauft ein Raiffeisen-Bankmitarbeiter derzeit rund zwölf, 13 Lebensversicherungen pro Jahr. Der europäische Schnitt der Bankversicherer liegt aber bei 23 bis 24 Lebensversicherungen pro Jahr." Das wäre auch für die Raiffeisen-Banken attraktiv, "denn die Provisionen, die die Bank von der Raiffeisen Versicherung erhält, fließen eins zu eins in das Bankergebnis" , so der Konzernchef.
Verschlossen ist Brandstetter noch, wenn es darum geht, Details über Beteiligungsverkäufe zu nennen, die nicht zum Versicherungsgeschäft gehören. Bekannt ist, dass die Uniqa Sanatorien und Krankenhäuser behält, ihre elf Hotels aber verkaufen will. Der Buchwert des Beteiligungsportfolios beträgt laut Finanzvorstand Hannes Bogner 900 Mio. Euro. Davon entfallen allein 450 Mio. auf die Strabag, von der sich der Konzern nicht trennen will.
In den nächsten zehn Jahren soll die Kundenzahl von derzeit 7,5 Mio. verdoppelt werden. "Und zwar nicht wahllos in Europa, sondern in den Ländern, wo wir jetzt schon tätig sind. Wir sind in 15 CEE-Ländern aktiv und werden nicht weiter nach Osten gehen" , erläutert Brandstetter die Strategie.
Um dieses Wachstum zu finanzieren, braucht die Uniqa wahrscheinlich 2013 eine Kapitalerhöhung, bei der der Streubesitz auf 30 Prozent erhöht wird und die Haupteigentümer ihre Beteiligung auf 51 Prozent reduzieren.
Verdauen muss die Uniqa auch noch ihr Engagement in den Schuldenländern der Eurozone (Griechenland, Irland, Spanien, Portugal und Italien) von insgesamt 1,7 Mrd. Euro. Im Halbjahr wurden 58 Mio. Euro für Griechenland abgeschrieben.
Der Kurs der Uniqa-Aktie gab nach den Ankündigungen deutlich nach. (Claudia Ruff, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.9.2011)