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Mit den Studien Gesundheits- und Krankenpflege (Bachelor) und Pflegewissenschaft (Master) erfolgt eine Akademisierung im Pflegebereich.

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Roswitha Engel leitet den Bachelor-Studiengang Gesundheits- und Krankenpflege an der FH campus Wien. Sie legt in ihrem Studium Wert auf Praxis.

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Hanna Mayer, Vorständin am Institut für Pflegewissenschaften: "Mit dem Geld kann man die Studierenden sicher nicht ins Studium locken."

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Wer an eine Karriere in der Pflege denkt, hat zunächst das Bild einer übermüdeten 24-Stunden-Kraft im Kopf, die einen alten Menschen rund um die Uhr zuhause umsorgt. "Pflege wird beinahe jeden Tag in den Medien transportiert", sagt Roswitha Engel, "allerdings völlig undifferenziert." Engel ist Studiengangsleiterin des jungen Bachelor-Studiums Gesundheits- und Krankenpflege (GKP), das seit 2008 an der FH campus in Wien angeboten wird. Keiner ihrer Absolventen würde in die 24-Stunden-Pflege gehen, sondern sei qualifiziert und spezialisiert für den "gehobenen" Dienst der Gesundheits- und Krankenpflege. 

Akademisierte Pflege

Wer an der FH campus Wien, der FH Salzburg oder neuerdings auch der Medizinischen Universität Graz GKP studiert, erwirbt eine Doppelqualifikation: Einerseits können Absolventen mit dem Bachelorabschluss ein weiterführendes Masterstudium anfangen, andererseits erwerben sie die Berufsberechtigung um als diplomiertes Krankenpflegepersonal zu arbeiten. Denkbar sind Positionen auf Krankenstationen vieler Fachrichtungen. Auch das Einstiegsgehalt entspricht dem von diplomiertem Krankenpflegepersonal.

Pflegepersonal mit akademischem Titel - das ist neu in Österreich. Zentral ist im Bachelorstudium - für FHs typisch - eine ausgewogene Kombination aus Theorie und Praxis: "In jedem Semester gibt es theoretische und praktische Blöcke", erklärt Roswitha Engel, "das bedeutet eine Verknüpfung, auch zeitlich gesehen, zuerst einmal theoretische Grundlagen zu hören und diese dann in der Praxis umzusetzen beziehungsweise zu vertiefen." 

Die Theorieblöcke vermitteln Wissen zur Pflegewissenschaft, zur angewandten Pflege, aus Medizin, Psychologie, Soziologie, Ethik und Recht, "denn die Arbeit mit Patienten erfordert das Integrieren all dieser Wissensbestandteile", so Engel. Knapp mehr als die Hälfte der ECTS (92 von 180) entfallen jedoch auf Praxis. Diese gibt es in jedem Semester in Form von klinischen Praktika und Fertigkeitentraining mit Krankenpflegepuppen, an denen Fähigkeiten, die die Studierenden in der Realsituation brauchen, erlernt werden.

Neuer Master Pflegewissenschaft

Mit dem Bachelorabschluss kann man längerfristig eine Karriere im mittleren Pflegemanagement ins Auge fassen, beispielsweise als Stationsleiter. Wer nach einer noch höheren Position im Pflegebereich strebt, der kommt nicht um das Masterstudium Pflegewissenschaft an der Universität Wien herum. Dieses baut auf dem Bachelor GKP auf, ist inhaltlich darauf abgestimmt. Der Master wird dieses Wintersemester zum ersten Mal angeboten, mit 57 Voranmeldungen hält sich der Andrang in Grenzen.

Allerdings bietet der Markt ohnehin (noch) nicht sehr viele Jobs für Pflegewissenschafter: "Es wäre vermessen zu sagen, dass die Jobs hier warten", sagt Hanna Mayer, Vorständin am Institut für Pflegewissenschaften. Sie meint, dass sich die Absolventen ihre Positionen ein Stück weit erarbeiten werden müssen. Deshalb sei das Studium speziell etwas für junge Menschen, "die auch Lust und Kraft an Pionierarbeit haben."

Viele Berufsmöglichkeiten

Ein Einsatzfeld für Pflegewissenschafter ist zum Beispiel Wissenstransfer in Krankenhäusern und im Pflegeheimbereich. Hier würden zunehmend Stabsstellen entwickelt mit der Aufgabe, komplexes Forschungswissen für die Pflegepraxis aufzubereiten. Denkbar sind natürlich auch Jobs im klinischen Forschungsbereich, die dieses Wissen erst erarbeiten. Gerade hier würde es sich auch anbieten ins Ausland zu gehen, da Pflegeforschung außerhalb von Österreich schon viel fortgeschrittener sei, weiß Hanna Mayer. Möglich ist ebenfalls eine Position in der Lehre oder an einer politischen Schaltstelle, beispielsweise im Gesundheitsressort.

Das Master-Studium Pflegewissenschaft vermittelt dazu das notwendige Wissen, vor allem aber das methodische Rüstzeug. Gerade die Auseinandersetzung mit Theorieentwicklung klinge trocken, gibt Mayer zu, es gehe aber darum, wie wissenschaftliche Erkenntnisse wieder in jene Felder, aus denen die Fragen ursprünglich gekommen sind, eingebettet werden können. Wichtig sei es, dass sich die Inhalte des Studiums immer auf spezifische Themenstellungen des Krankheitserlebens beziehen, erklärt die Institutsvorständin.

Daraus ergibt sich dann auch der Praxisbezug des Studiums, man könne nämlich kein Pflichtpraktikum vorschreiben. Es gibt allerdings die Möglichkeit, zwei Lehrveranstaltungen durch facheinschlägige Praktika zu ersetzen. So existiert zum Beispiel eine Forschungskooperation mit einem Forschungsinstitut in St. Gallen, Schweiz, wo Studenten immer wieder für ein Semester mitarbeiten können. Wer die Balance zwischen Masterstudium und Arbeiten schafft, kann auch neben dem Studium praktische Erfahrung sammeln. Der Master Pflegewissenschaft ist nämlich modular angelegt.

Pflegewissenschaft zukunftsträchtig

Womit man die Studierenden sicher nicht ins Studium Pflegewissenschaft lockt, ist die Verdienstmöglichkeit. Im Wissenschaftsbereich gibt es den Standardsatz von 45.000 Euro brutto im Jahr. Wer in die Privatwirtschaft geht, kann mehr verdienen: "Aber da wäre es absolut unseriös, einen Betrag zu nennen", sagt Hanna Mayer.

Sie ist trotzdem überzeugt, dass Pflegewissenschaft ein zukunftsträchtiges Studium ist, in einem Bereich, in dem es bald mehr Stellen und bessere Bezahlung geben wird müssen: "Der Master setzt sich mit einem Phänomen auseinander, das gesellschaftlich hohe Bedeutung hat. Nämlich damit, was eine Erkrankung für Menschen bedeutet und welche Möglichkeiten entwickelt werden können, mit dieser Erkrankung umzugehen." Die Pflegewissenschaft sei hier aufgefordert zu forschen, was Pflege zu einer zukünftigen Gesundheitsversorgung für jeden einzelnen Menschen beitragen kann und wo investiert werden muss. Akademische Bildung im Pflegebericht sei folglich "eine notwendige Voraussetzung, dass Pflege Zukunft hat". (sei, derStandard.at, 6.10.2011)