Wien - Die Wiener Universität für angewandte Kunst sieht sich im kommenden Jahr mit einigen Herausforderungen konfrontiert. Um die akute Raumproblematik zu lindern, wurde ein EU-weiter Architekturwettbewerb für Zubau und Erweiterung am Kokoschka-Platz ausgeschrieben. Architektur wird unter dem Nachfolger von Wolf D. Prix, dem gebürtigen Kanadier Hani Rashid, vom Diplom- zum Masterstudium umgestellt. Und in der Hochschulpolitik forderte der kürzlich für fünf weitere Jahre bestellte Rektor Gerald Bast bei einer Pressekonferenz am Donnerstag endlich "Nägel mit Köpfen": "Ohne neues Finanzierungsvolumen wird es nicht gehen."

An der Schwelle zu einer Innovations- und Kreativgesellschaft benötige man mehr hochschulgebildete Menschen, so Bast. Derzeit liegt die Akademikerquote in Österreich bei 19 Prozent, die EU habe für 2020 aber angesichts der Jobentwicklung einen Bedarf von 35 Prozent prognostiziert. "Natürlich kann man auch ohne Titel glücklich sein, aber es geht hier um ein gesellschaftliches Problem", so Bast. Die Kreativwirtschaft in Österreich setze mit 19 Mrd. Euro an Erlösen schon jetzt mehr um als etwa die Tourismuswirtschaft oder der Hoch- und Tiefbau - "und das bei 230 Mio. Euro pro Jahr für die Kunstunis. Das sind die Dimensionen."

Mit zehn Mrd. Euro, wie sie etwa derzeit der ÖBB als Kredite für Tunnelprojekte ermöglicht würden, könnte man für zehn Jahre 20.000 Forscher finanzieren, erklärte Bast. "Politik ist die Kunst, Schwerpunkte zu setzen, und das wird auch gemacht. Aber die Frage ist, sind diese auch richtig gesetzt?" Was Schwerpunkte betrifft, setzt man auf der Angewandten selbst u.a. verstärkt auf die künstlerische Forschung. Zur neuen Vize-Rektorin in diesem Bereich wurde Barbara Putz-Plecko ernannt. Mit Josef Kaiser als Vize-Rektor für die Lehre und Maria Zettler als Vize-Rektorin für Infrastruktur erklärte man sich für die Zukunft gut gerüstet.

Neubesetzungen

Neue Professuren werden die Britin Fiona Raby als Nachfolgerin von Hartmut Esslinger an der Abteilung für Industrial Design und der Schwede Jan Svenungsson als Nachfolger von Sigbert Schenk an der Grafik-Abteilung innehaben. Am meisten tut sich jedoch im Bereich Architektur: Unter Hani Rashid - Prix bleibt zumindest noch zwei Jahre Institutsvorstand - wird man künftig Architektur nur noch als Masterstudium belegen können, unter den rund 5.500 Bachelorstudierenden der Architektur in Österreich werde man künftig nur die besten für den Master an die Angewandte lotsen. "Weltarchitektur" soll laut Bast aber nicht nur unterrichtet, sondern hinsichtlich des Zubaus auch in der Ausführung garantiert werden.

Entsprechend wird beim EU-weiten Wettbewerb eine internationale Jury bereits Ende Oktober 15 Projekte auswählen, die in die engere Auswahl für die Erweiterung kommen. Dass sich in der Jury niemand von der Angewandten selbst befindet, soll laut Bast auch die Chancen auf ein mögliches hauseigenes Siegerprojekt erhöhen. "Ich bin überzeugt, dass auch Österreicher dabei sein werden." Im Februar oder März soll schließlich über das Siegerprojekt entschieden werden. Bis dahin widmet man sich auf der Kunstuni aber im Herbst 2011 noch dem Social Design, der Vienna Design Week und einer künftig verstärkten Zusammenarbeit mit dem "neuen Nachbar" im Museum angewandter Kunst (MAK). (APA)