Sie werfen den USA und Israel vor, auf der falschen Seite der Geschichte zu stehen.
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"Das einzige Kind der Welt, das keinen eigenen Staat hat", zeichnet der Karikaturist der panarabischen Zeitung al-Hayat zum Thema der UN-Anerkennung eines Staates Palästina. Geschlossen stehen Staatschefs und Kommentatoren in der Region hinter Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und seiner Uno-Initiative, die einhellig als mutiger Schritt gelobt wird. Der Emir von Katar und Jordaniens König gehörten zu den ersten, die diese Meinung auch vor der UN-Vollversammlung vertreten konnten. Dass Abbas nun zwar seinen Antrag auf Vollmitgliedschaft formal stellt, die Entscheidung aber nicht sofort erzwingen wird, wurde am Donnerstag noch nicht kommentiert.
Größere Demonstrationen hat es bisher erst in Beirut gegeben, wo am Mittwoch rund 2000 Personen vor dem UN-Gebäude für die palästinensische Anerkennung auf die Straße gegangen sind. Der Arabische Frühling bringt es auch mit sich, dass die lokalen Themen in jedem einzelnen Land die Schlagzeilen dominieren. In Ägypten etwa sind die Zeiten vorbei, wo Sympathiekundgebungen für die Palästinenser der einzige Anlass waren, um genehmigte Demonstrationen durchzuführen. Käme es zu einem US-Veto, würden die Menschen ihre Wut über die Einseitigkeit und die ungleichen Maßstäbe der USA aber bestimmt auf die Straße tragen.
Die arabische Frühling hat den Blick für Ungerechtigkeiten und Ungleichbehandlung zusätzlich geschärft. Es gibt keinen Funken Verständnis für die Haltung von US-Präsident Barack Obama. Er hat mit seiner unterschiedlichen Haltung gegenüber den Demokratiebewegungen in den einzelnen arabischen Ländern ohnehin bereits viel Sympathie verspielt. Mit der Verteidigung der israelischen Blockadepolitik werde er weiter an Glaubwürdigkeit einbüßen, lautet der Tenor vieler Analysten. Die USA und Israel stünden auf der falschen Seite der Geschichte. Diesen Vorwurf muss sich auch die Hamas anhören, die sich gegen das Vorgehen von Abbas ausgesprochen hat.
Die Argumente der Palästinenser werden als juristisch und moralisch überzeugend dargestellt, jene der Gegner als schwach, schädlich und heuchlerisch. Nur Feiglinge und Lügner könnten sich dem palästinensischen Anliegen entgegenstellen, findet der Kommentator des Daily Star in Beirut. Die US-Drohung, die Finanzhilfe an die Palästinenser einzustellen, wird in den Analysen nicht einmal erwähnt. Wie überhaupt in den arabischen Kommentaren keine Gründe zu finden sind, die gegen die Strategie sprechen, den palästinensisch-israelischen Konflikt in die Uno zurückzubringen.
Überfällige Eigenstaatlichkeit
Der Schritt der Palästinenser, die eigene Zukunft selbst in die Hand zu nehmen, um als eigenständige Nation gegen die Besetzung zu kämpfen, wird als überfällig bezeichnet. Auch wenn Abbas nach einem US-Veto in die UN-Generalversammlung zurückgehen müsste - was ja jetzt wahrscheinlich aufgeschoben ist -, sei das immer noch ein Sieg und eine Schmach für die USA, hält die saudische Arab News fest. (Astrid Frefel aus Kairo/DER STANDARD, Printausgabe, 23.9.2011)