Wien - In Wien hat am Freitag der Gemeinderat seine Sommerpause beendet. Im Rahmen einer von der FPÖ beantragten Sondersitzung wurden die jüngst angekündigten Gebührenerhöhungen diskutiert. FP-Klubchef Johann Gudenus kritisierte zum Auftakt das Wirken von Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ). Diese mache Wien "systematisch zum Griechenland Österreichs", warnte er. Auch eine Premiere war zu erleben: Der frühere VP-Mandatar Wolfgang Aigner ist seit heute "wilder" Abgeordneter.
"Wir wollen darauf hinweisen, wie unsozial es im roten Wien zugeht", betonte Gudenus. Er zeigte sich überzeugt: "Die Zeit ist reif für die Sozialdemokraten, abzutreten." Immer mehr Menschen seien in Wien mit Armut konfrontiert. Schuld daran sei unter anderem die Stadtregierung - denn nicht nur die SPÖ, sondern auch die Grünen würden die Erhöhungen mittragen.
"Gebührenerhöhungen - yes we can"
Die freiheitlichen Gemeinderäte hatten Tafeln mitgebracht, auf denen der Slogan "Gebührenerhöhungen - yes we can" zu lesen war. Anlass für die Kritik sind die mit Jahresbeginn 2012 anstehenden Tarifanhebungen bei Wasser, Kanal, Müll und Parkscheinen - wobei die Wassergebühr sogar um 33 Prozent steigt. "Die Bürger werden eiskalt ausgesackelt", konstatierte Gudenus.
Die Rathaus-Blauen werden im Rahmen der Sitzung einen neuerlichen Misstrauensantrag gegen Brauner einbringen, wie der FP-Klubchef in seiner Rede ankündigte - die für ihn nicht folgenlos blieb: Weil er die Tariferhöhungen mit der Beschaffungskriminalität bei Drogensüchtigen verglich, setzte es für ihn einen Ordnungsruf.
Unabhängiger Abgeordneter
Ausgedünnt zeigten sich heute die Reihen der ÖVP: Der nicht amtsführende Stadtrat Wolfgang Gerstl ist bereits in den Nationalrat gewechselt, sein Nachfolger Manfred Juraczka wird erst nächste Woche angelobt. Nicht mehr Teil der Fraktion ist Wolfgang Aigner. Er ist aus dem Klub ausgetreten. Der bisherige schwarze Mandatar ist nun unabhängiger Abgeordneter.
Weil die frühere Wiener ÖVP-Partei- und Klubchefin Christine Marek ihre Funktionen und ihr Mandat zurückgelegt hat, musste heute auch angelobt werden. Neu im Stadtparlament ist der bisherige VP-Bezirksrat Martin Flicker. Formell übernimmt Mareks Landeslistenmandat allerdings Matthias Tschirf. Dessen bisheriges Donaustädter Grundmandat wird somit für den bis dato dort zweitgereihten Flicker frei.
Diese Lösung ist allerdings nur vorübergehend, da Tschirf ja angekündigt hat, aus dem Gemeinderat auszuscheiden. Wer ihm dann nachfolgt, ist noch offen. Das Ergebnis der Rochaden sorgte heute jedenfalls bei einigen für Staunen: Denn neben Flicker wurde auch Tschirf - nach vielen Jahren im Gemeinderat - formell noch einmal angelobt.
Lob für Marek
Für Christine Marek gab es heute lobende Worte, und zwar vom SPÖ-Gemeinderatsvorsitzenden Godwin Schuster. Sie habe konstruktiv mitgearbeitet, ihre Ziele aber offenbar nicht umsetzen können, befand er. Er bat den ÖVP-Klub, Marek seinen Dank für die "doch relativ kurze Zeit" der Mitarbeit im Gemeinderat auszurichten.
Der Misstrauensantrag gegen die Wiener Finanzstadträtin Renate Brauner ist abgelehnt worden. SPÖ und Grüne stimmten nach einer fünfstündigen, teils heftigen Debatte erwartungsgemäß gegen den Antrag, der somit nicht die nötige Mehrheit erhielt. Eingebracht wurde das Papier von der FPÖ. Der Misstrauensantrag wurde auch von der ÖVP und dem nunmehrigen klubungebundenen Mandatar Wolfgang Aigner unterstützt.
(APA)