Wasserstoff aus Ameisensäure: Was im Kleinen und bei Zimmertemperatur funktioniert könnte in Zukunft auch in industriellen Maßstäben angewendet werden.

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Rostock - Wasserstoff wird als preiswerte und umweltfreundliche Energieform der Zukunft gehandelt, doch dem stehen immer noch einige technische Hürden im Weg. Nun sind deutsche Wissenschafter einen entscheidenden Schritt weiter gekommen, indem sie eine neue Methode zur Speicherung und Rückgewinnung des energiereichen Gases entwickelt haben.

Keine Speicherung nötig

Neben organischen Wasserstoffspeichern wie Methan und Methanol interessiert sich die Forschung seit einiger Zeit für Ameisensäure (HCO2H) und ihre Salze, die so genannten Formiate, zur Wasserstofferzeugung. Ein grundlegendes Problem bei der Verwendung dieser Speichermaterialien ist die Abtrennung des bei der Wasserstoff-Freisetzung entstehenden Kohlendioxids. Mit Hilfe eines Eisenkatalysators ist es nun gelungen, auf bisher einzigartig einfache und effiziente Weise Wasserstoff aus der Ameisensäure freizusetzen und dabei das CO2 zu binden, berichtet der Chef des Rostocker Leibniz-Instituts für Katalyse, Matthias Beller.

So umgehen die Forscher eine ansonsten notwendige Speicherung des gasförmigen Wasserstoffs und zeigen einen Weg auf, wie der Wasserstoff "vor Ort" ganz direkt und sehr umweltschonend und einfach aus flüssiger Ameisensäure erzeugt werden kann.

Das System wurde gemeinsam mit Kollegen der Universität Rostock und der technischen Hochschule in Lausanne (Schweiz) entwickelt und im US-Fachjournal "Science" vorgestellt. Ameisensäure ist eine natürliche und frei erhältlichen Säure, die von mehreren Insekten und von Brennnesseln produziert wird. Sie ist auch Nebenprodukt bei der Herstellung von Essigsäure.

Bei der nun vorgestellten Reaktion mit Hilfe des Eisenkatalysators, einem frei verfügbaren Eisen(II)-Komplex, werde auch Kohlendioxid wieder frei. Um nicht das Klima einer weiteren Kohlendioxid-Quelle auszusetzen, arbeiten die Forscher daran, das Gas wieder aufzufangen.

Kohlendioxid in Bikarbonaten eingefangen

Dabei gebe es die Möglichkeit, das Kohlendioxid in Salzen, sogenannten Bikarbonaten, zu binden. Im kleinen Maßstab sei es inzwischen auch möglich, dieses in den Bikarbonaten gebundene Kohlendioxid für die Neubildung von Ameisensäure einzusetzen. Es gelte nun, diese verschiedenen Schritte bei der Entstehung und Bindung von Wasserstoff und Kohlendioxid zusammenzuführen.

Das neue System mit dem Eisenkatalysator arbeite unter milden Bedingungen. Es liefere schon bei Raumtemperatur gute Umsätze, erziele aber die besten Ergebnisse bei circa 80 Grad Celsius, sagte Beller.

Der Vorteil von Wasserstoff sei, dass er sauber und universell einsetzbar ist, beispielsweise in Brennstoffzellen zur Erzeugung von Elektroenergie. Abfallprodukt ist dann lediglich Wasser. "Angesichts begrenzter natürlicher Ressourcen wie Öl und Gas ist ein Wechsel der Energieversorgung hin zu erneuerbaren Energien unumgänglich", betonte Ralf Ludwig, Chemiker an der Universität Rostock.

Bisherige Methoden teuer

Die bisherige Gewinnung von Wasserstoff aus Ameisensäure sei nur mit teuren Katalysatoren wie zum Beispiel Ruthenium möglich gewesen oder mit Systemen, die zusätzlich der Bestrahlung mit Licht bedürfen. "Mit unserem System, das bisher im Labormaßstab arbeitet, können erheblich Kosten gespart werden", sagte Beller. (red/APA)