Wien - Die Betriebsräte österreichischer Tageszeitungen sind angesichts der Vergabepraxis bei Informationsschaltungen der öffentlichen Hand besorgt. In einem offenen Brief verurteilten sie am Freitag einseitige Medien-"Förderung" durch öffentliche Stellen und forderten "die Bundesregierung und die Landesregierungen eindringlich dazu auf, das Steuergeld für wichtige Informationen verantwortungsvoller und transparenter einzusetzen".

Die Betriebsräte sehen die Meinungsfreiheit und den unabhängigen Journalismus in Gefahr. Denn unabhängiger Journalismus brauche ein wirtschaftliches Fundament, das wiederum von Inseratenaufträgen - auch von der öffentlichen Hand, insbesondere von Bundes- und Landesregierungen sowie staatseigener bzw. staatsnaher Betriebe - abhängig sei. Durch die Vergabepraxis entstehe der Eindruck, dass redaktionelle Meinung durch Inserate gekauft werden kann. Ein Beeinflussen redaktioneller Berichterstattung sei aber unzulässig "und selbst der Versuch auf das Schärfste zurückzuweisen", so die Betriebsräte.

Unterdessen tobte der Zeitungskampf zwischen den Boulevardblättern "Heute" sowie "Österreich" und dem "Kurier" am Freitag munter weiter. Der "Kurier" listete in seiner Freitagsausgabe auf, wie viel Millionen die Stadt Wien, Ministerien, Asfinag und ÖBB in den Jahren 2006 bis Juli 2011 in die beiden Gratistitel investiert haben sollen. Laut "Kurier", der sich hier auf Zahlen von Focus Media Research bezieht, bekamen "Heute" und "Österreich" je mehr als 35 Millionen Euro, mehr als jeweils 20 Millionen allein von der Stadt Wien. In Summe wurden in den beiden Zeitungen um mehr als 70 Millionen Euro Inserate geschaltet.

"Heute" konterte prompt via Presseaussendung und warf dem "Kurier" "eine seit Tagen andauernde Hetzkampagne gegen Konkurrenzzeitungen und Werbung aus dem öffentlichen Bereich" vor. Laut "Heute" hätte der "Kurier" seinerseits in den Jahren 2006 bis 2011 "rund 33 Millionen Euro an Inseratengeldern aus dem öffentlichen und halböffentlichen Bereich" erhalten. Auch die Gratiszeitung bezieht sich auf "eine Analyse der Agentur Focus".

Dort kann man all diese Zahlen allerdings "weder bestätigen noch dementieren, weil wir nicht wissen, was bei diesen Berechnungen an Marken und Firmen subsumiert wurde", so Focus-Geschäftsführer Robert Nowak. Focus verfügt zwar grundsätzlich über detaillierte Zahlen zu Inseratenschaltungen, darf diese aber aus rechtlichen Gründen nicht an die Öffentlichkeit weitergeben. (APA)