Hans-Holger Albrecht bezweifelt, dass Gebührensender Werbung machen sollen.

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STANDARD: Wie werden wir denn in zehn Jahren fernsehen?

Albrecht: Wo und wann wir wollen: In Skandinavien, wo wir die höchste Verbreitung von Breitband und höchste Übertragungsgeschwindigkeiten haben, hat sich das Fernsehen aus dem Wohnzimmer zu einem wirklich mobilen Medium gewandelt. Traditionelles lineares und werbefinanziertes Fernsehen hat absolut gesunde Jahre vor sich, der Konsum steigt sogar. Wir sehen den Wandel bei kostenpflichtigen Inhalten auf Abruf. Die Menschen wollen möglichst einfach und zu kompetitiven Preisen Inhalte wann immer abrufen und mit anderen teilen können. Deshalb haben internetbasierte TV-Services von Firmen wie Netflix, Apple und Google solchen Zulauf, vor allem in den USA. Und die Qualität des TV-Erlebnisses ist ein Thema, HD verbreitet sich, und 3-D ist der nächste Schritt.

STANDARD: Wie sollten TV-Sender darauf reagierten?

Albrecht: Vorsichtig, schnell und grundlegend. Wo TV und Internet einander immer näher kommen, geht es darum, der Erste zu sein. Wer fragt nach der Nummer zwei hinter Google, Amazon, Ebay oder Facebook? Die Schlüsselfrage ist: Was will der Konsument sehen - und wofür zahlt der Konsument?

STANDARD: Was sind also die Schlüsselprogramme?

Albrecht: Originäre lokale Inhalte werden immer wichtiger. Und natürlich sind große Sportevents und Film-Blockbuster Erfolgsfaktoren - vor allem im Pay-TV.

STANDARD: Die MTG hat in Schweden dem Gebührenfunk eines seiner Traditionsprogramme weggekauft - die Olympischen Spiele 2014 und 2016?

Albrecht: Wir spielen inzwischen auf Augenhöhe mit den Öffentlich-Rechtlichen. Warum sollte ein internationales Sportevent, vor allem eines der bekanntesten und populärsten, alleinige Domäne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sein?

STANDARD: Kann man solche Rechte mit Werbung/Sponsoring refinanzieren - oder investieren Sie da in ihre Marktposition?

Albrecht: Wir kaufen kaum Programme, mit denen wir kein Geld machen können. Die Spiele zählen nicht zu diesen Ausnahmen.

STANDARD: Privatsender hinterfragen in ganz Europa Aktivitäten des Gebührenfunks. Wie würden Sie die Rollen verteilen?

Albrecht: Wo Öffentlich-rechtliche Gebühren erhalten, kann man hinterfragen, ob sie Werbung verkaufen und ob sie sich nicht besser auf öffentlich-rechtliche Inhalten konzentrieren sollten.

STANDARD: Österreich ist ein schwieriger Markt für Privat-TV, zwischen starkem ORF und starken deutschen Privaten. Ihr Rat?

Albrecht: Das klingt mir stark nach Skandinavien früher - sehen Sie sich diesen Markt heute an. Ich bin sicher, dass auch Österreich den Wind of Change spüren wird.

STANDARD:  Würde ATV die MTG interessieren, gab es Kontakte?

Albrecht: Wir schauen uns laufend um. Aber wir reden nie darüber.

STANDARD:  Können Sie verstehen, dass Gerhard Zeiler zuletzt erwog, die Führung der RTL Group gegen jene des ORF einzutauschen?

Albrecht: Natürlich - es gibt keinen lebenswerteren Ort als Österreich, und der ORF ist noch immer ein Power-House. (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 24./25.9.2011)