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Premier Wladimir Putin: Nach dem Überraschungsbesuch folgt heute die Grundsatzrede.

Foto: AP/Sekretarew

Auf dem Kongress der Kreml-Partei Einiges Russland wird über Programm und Kandidaten abgestimmt, die bei der Duma-Wahl im Dezember den Sieg bringen sollen. Das Interesse konzentriert sich aber auf Premier Putin.

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Der russische Premierminister Wladimir Putin ist immer für Überraschungen gut. Überraschend tauchte der Regierungschef beim Parteitag von Jedinaja Rossija (Einiges Russland) am Freitag auf, obwohl sein Auftritt erst für Samstag geplant gewesen war. Überraschend war auch, dass Putin an der Sektion "Zivilgesellschaft: Partnerschaft und Gerechtigkeit" teilgenommen hat. Ein Thema, das eigentlich vom russischen Präsidenten Dmitri Medwedew besetzt ist.

Ein halbes Jahr vor der russischen Präsidentenwahl werden die Spekulationen durch Auftritte wie diesen angeheizt. Da sich bisher weder Putin noch Medwedew eindeutig über ihre Kandidaturpläne äußerten, wird derzeit jeder Schritt des Führungstandems unter die Lupe genommen. Momentan rechnet der Großteil der Kremlologen mit einer Rückkehr Putins an die Staatsspitze.

Höhepunkt des Wahlkampfes

Der zweitägige Parteitag von Einiges Russland ist der vorläufige Höhepunkt des laufenden Wahlkampfes. Sowohl Putin als auch Medwedew, die beide keine Mitglieder der Regierungspartei sind, werden heute eine mit Spannung erwartete Rede halten. Den realen Machtverhältnissen entsprechend wird der Präsident die 20-minütige Begrüßungsrede halten. Für die Ansprache des Premiers ist hingegen eine Stunde Redezeit vorgesehen.

Außerdem soll am Parteitag über die Kandidatenliste für die Parlamentswahl am 4. Dezember und das Parteiprogramm abgestimmt werden. Laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax wird Putin den Spitzenplatz auf der Liste von Einiges Russland einnehmen. Russische Medien spekulierten, dass auch Medwedew auf der Liste auftauchen könnte.

Dass das Tandem sein Geheimnis um die Kandidatur vor der Dumawahl lüftet, gilt jedoch als unwahrscheinlich. Derzeit liegt die Zustimmung für Putin in Umfragen bei 52 Prozent, für Medwedew bei 47 Prozent.

Bei der Duma-Wahl kämpft Einiges Russland um den Erhalt der Zweidrittel-Mehrheit, die es erlaubt, Verfassungsänderungen durchzubringen. Laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts FOM kommt Einiges Russland derzeit nur auf 41 Prozent der Stimmen.

Russische Menschenrechtsaktivisten kritisierten in einem Brief an den Europarat die komplette Demontage der "Institution demokratische Wahl" in Russland. Nur 40 Prozent der Russen interessieren sich laut einer Lewada-Umfrage für die Wahl im Dezember. (Verena Diethelm aus Moskau/DER STANDARD, Printausgabe, 24.9.2011)