Washington - Die Finanzbranche läuft Sturm gegen den geplanten Kapitalzuschlag für internationale Großbanken und warnt vor Folgen für die Kreditvergabe. "In dem aktuell fragilen Zustand der Finanzmärkte und der schwierigen Lage der Weltwirtschaft steht zu befürchten, dass eine solche Maßnahme zusätzlichen Schaden anrichtet", sagte der Präsident des Weltbankenverbands IIF, Josef Ackermann, am Sonntag laut Redetext in Washington.
Ähnlich negative Folgen hätten auch einige der neuen Liquiditätsvorgaben im Rahmen des Regelwerks Basel III, betonte der Chef der Deutschen Bank. Ackermann machte deutlich, dass die Banken seit der Finanzkrise ihre Geschäfte bereits "in einem noch nie da gewesenen Ausmaß" zurückgefahren hätten. "Das hat mit dazu beigetragen, dass die ausgegebenen Kredite an Haushalte und Unternehmen in den USA und der Europäischen Union zurückgegangen sind." Die Unsicherheit über die künftige Regulierung verstärke diesen Trend.
Die internationalen Finanzregulierer im so genannten Baseler Ausschuss wollen den Kapitalzuschlag von bis zu 2,5 Prozentpunkten für systemrelevante Großbanken, wie die Deutsche Bank, in der kommenden Woche abnicken. Das letzte Wort haben dann im November die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20). Heftiger Widerstand kommt vor allem von den US-Banken. JP-Morgan -Chef Jamie Dimon hatte die neuen Regeln neulich als "anti-amerikanisch" gebrandmarkt.
Der IIF vertritt als mächtige Bankenlobby mehr als 450 Finanzinstitute weltweit. Ackermann forderte, dass die schärferen ab 2013 schrittweise eingeführten Kapitalvorschriften Base III von allen Ländern zeitgleich und abgestimmt umgesetzt werden müssten. Danach sehe es derzeit nicht unbedingt aus. "Das führt zu massiven Verzerrungen", warnte der Schweizer, der das Präsidentenamt im Juni an den Chairman der britischen Großbank HSBC , Douglas Flint, abgibt. Entscheidend dürfte vor allem sein, ob die USA Basel III umsetzen. Laut Sparkassen-Präsident Heinrich Haasis gibt es Anzeichen dafür, dass die US-Regierung die neuen Regeln nur für rund 20 Großbanken einführt. Er will daher auch in Europa Ausnahmen für kleine Banken durchsetzen.
Zur Lösung der Euro-Schuldenkrise rief Ackermann die G-20 auf, bei ihrem Treffen in Cannes im November mit konkreten Entscheidungen die Unsicherheit der Investoren zu beenden. Die Marktturbulenzen führen bei Banken weltweit zu erheblichen Ertragseinbußen, Investmentbanken sind besonders betroffen. Wichtig sei, dass die Länder der Erweiterung des Euro-Rettungsschirms EFSF rasch zustimmten, sagte der IIF-Präsident. Der Bundestag stimmt am Donnerstag ab.
Die EFSF-Reform ist entscheidend für das neue, mehr als 100 Milliarden Euro schwere Hilfspaket für Griechenland, an dem sich erstmals auch private Gläubiger beteiligen. Laut Ackermann sinkt die Schuldenlast des Mittelmeerstaates durch den geplanten Anleihetausch und -rückkauf unmittelbar um 27 Milliarden Euro. Bislang machen rund 75 Prozent der Investoren mit, der IIF hatte ursprünglich auf 90 Prozent gehofft. Ackermann signalisierte, dass der IIF mit weiteren Banken über eine Beteiligung spricht. Er wehrte sich aber dagegen, das Paket nun wieder aufzuschnüren, wie es einige Politiker in Berlin fordern. "Das ist gar nicht machbar und wir sollten uns jetzt im Interesse Griechenlands auf die zeitnahe und entschlossene Umsetzung konzentrieren", betonte der Banker. (APA)